Weniger Fleisch, weniger Alkohol, weniger Abfall

Unser Ernährungsverhalten ist derzeit im Umbruch. Wir haben Experten befragt, welche Trends in den nächsten Jahren auf uns zukommen werden.

TitelbildLieferando

Was werden wir in Zukunft essen und trinken? Mit der Beantwortung dieser Fragen befassen sich Experten schon lange. Für Gastronomie und noch viel mehr für die Industrie liefern sie damit Anhaltspunkte, worauf sich diese mit ihrem Angebot in näherer Zukunft einstellen sollten.

Food-Trendforscher Daniel Anthes hat zu diesem Thema etwa beim jüngsten AMA-Trendforum seine Erkenntnisse preisgegeben. Plant based Food sei demnach noch immer der große Blockbuster. Allerdings würde sich der Markt gerade konsolidieren, weil die Produkte „geschmacklich doch nicht alle Hoffnungen erfüllen“ würden. Trotzdem sei die Bedeutung pflanzlicher Nahrung extrem hoch: Alleine mit Reis, Weizen, Erdäpfeln und Mais würde 50 Prozent der Ernährung weltweit bestritten. Anthes sieht den Klimawandel und die Biodiversität als große Herausforderungen unserer Zeit und sieht dabei auch das Thema Saisonalität wieder im Fokus: „Muss es alle Lebensmittel das ganze Jahr hindurch geben? Ist Saisonalität nicht spannender?“

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Vorbild Dschungelcamp?

Zwei weitere Themen, die bald auf unsere Teller kommen könnten, sind für den Trendforscher Algen und Insekten – auch wenn bei letzteren der Ekelfaktor in unseren Breiten noch hoch sein dürfte. Aber: „Zwei Milliarden Menschen essen regelmäßig Insekten. Dieses Thema wird zwar bei uns noch etwas Zeit brauchen, aber man braucht nur an Sushi denken: In den 1970er-Jahren hätte bei uns auch kaum jemand freiwillig rohen Fisch gegessen.“ Ein letzter Punkt, von dem Anthes sprach, war „New Glocal“: Regionalität und Nachhaltigkeit wären auch in Zukunft extrem wichtig, immer mehr exotische Produkte würden aber auch hierzulande angebaut. Egal, ob Melonen, Ingwer, Chili oder Garnelen – viele Produkte bräuchte man nicht mehr um die halbe Welt zu verschiffen, sondern würde sie in Österreich anbauen bzw. züchten.

Von Mood- bis Fusion-Food

Auch eine andere bekannte Ernährungs- Trendforscherin, Hanni Rützler, hat vor kurzem ihre aktuellsten Erkenntnisse in diesem Bereich publiziert. Sie griff dabei vor allem drei Themen auf:

Mood-Food: Mood Food sei das Schlagwort der Stunde. „Wir essen nicht nur, um satt zu werden. Gesundheitsbewusste Ernährung ist für viele Menschen längst gelebte Praxis. Dabei bezieht sich Gesundheit längst nicht mehr allein auf den Körper, sondern auch auf unser mentales Wohlbefinden. Wir essen vor allem, weil es unsere Stimmung beeinflussen kann“, so Rützler.

„Ob Matcha, Avocado, Maca, Guave, Feigen oder CBD – natürliche Glücklichmacher befeuern die Food Trends und machen Lust darauf, Neues auszuprobieren.“

Zero Heroes: Gerade das Thema möglichst wenig Abfall zu verursachen, liege Bestellern heute sehr am Herzen – das gelte sowohl für Essensreste als auch übermäßige Verpackungen. Vor allem jüngere Nutzer würden bei Lieferdiensten signifikant häufiger bestellen, wenn es wiederverwendbare Verpackungen gäbe.

Fusion Food: Die Verbindung unterschiedlicher Esskulturen, die auch äußere Faktoren wie regionale Verfügbarkeiten oder Umwelteinflüsse berücksichtige, sei angesagter denn je. Ob vegan, vegetarisch oder flexibel – Fusion Kitchen verbinde Gewohnheiten, Kulturen und Werte miteinander. „Fusion Kitchen greift Gewohnheiten, Trends und Einstellungen auf und kombiniert sie zu neuen Kreationen. Übrigens, selbst die Currywurst ist streng genommen Fusion pur, denn sie verbindet die deutsche Wurst mit amerikanischem Ketchup und indischem Curry. Und neu interpretiert, darf sie gerne auch bio, vegan oder vegetarisch sein“, meint Rützler. Was vor 30 Jahren noch Spitzenköchen vorbehalten war, das Experimentieren mit verschiedenen Zutaten und Zubereitungsarten, sei heute ein Trend, der viele begeistere und sich in Form von neuen populären Rezepturen rasant auf Social-Media- Plattformen verbreite.

„Mindful Drinking“

Bleibt noch das Thema Getränke und hier manifestiert sich offenbar tatsächlich vor allem bei jungen Leuten ein Trend hin zu weniger Alkohol. Laut dem „forum.ernährung heute“ bezeichnet der Begriff „The New Sobriety“ die generelle Entwicklung bei jüngeren Generationen, ihre Haltung zu Alkohol neu zu definieren. „Mindful Drinking“ – also achtsamkeitsbasiertes Trinkverhalten – bilde demnach für viele die goldene Mitte zwischen Abstinenz und alkoholdeterminierter Trinkkultur. So konsumierten jüngere Menschen quer durch Europa deutlich seltener und deutlich weniger Alkohol als Erwachsene ab 40 Jahren.

Das sei eine Frage des Geldes sowie individueller und gesellschaftlicher Ansprüche an die Leistungsfähigkeit. Eine Rolle spielten zudem der Trend zu einem gesunden Lebensstil sowie zu Achtsamkeit und Social Media:

„Einerseits schränkt die Furcht vor unangemessenen Posts den Konsum ein. Andererseits geben 26 Prozent der Befragten einer PwC-Studie aus 2022 an, dass ihre Entscheidungen zum Thema Essen und Trinken durch soziale Medien beeinflusst sind. Diese Entwicklung fördert populärer werdende Phänomene wie den ‚Dry January’, bei dem im gesamten Jänner kein Alkohol getrunken wird“

erklärt das „forum. ernährung heute“.

Da der Trend des bewussteren Trinkverhaltens aber nicht nur auf den Jahresbeginn begrenzt sei, habe sich auch der Markt angepasst: Der Alkoholgehalt der Getränke nehme den Verbraucherwünschen entsprechend ab. Viele Getränkehändler bezeichnen Low-Alcohol- und No-Alcohol-Varianten demnach sogar als den wichtigsten Kategorientrend.

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