Purismus und Prätention beginnen beide mit dem Buchstaben P. Das gleiche gilt für ProWein – allerdings haben die drei nicht unbedingt etwas miteinander zu tun. Im Englischen steht das Wörtchen „can“ als Verb für können und als Substantiv für Dose. Für was Wein stehen kann, darüber wurde schon viel geschrieben: Er kann Kulturschatz sein, edle Komponente gehobener Küche, fabelhaftes Investment. Aber kann er auch aus der Dose was?
Immer mehr Produzenten wird klar, dass Wein zugänglicher und integrativer sein muss, um auch für ein jüngeres Publikum attraktiv zu sein. Die Generation Y ist zum Beispiel mehr an Komfort und Coolness interessiert, als an Dünkel und öffnet damit die Tür zu alternativen Marketing- und Verpackungsmethoden. In einer Nielson Studie aus dem Jahr 2017 stellte sich heraus, dass der Dollar-Umsatz von Dosenweinen in den 52 Wochen bis zum 30. Dezember 2017 um 54 Prozent gesteigert wurde – der höchste Anstieg bei Wein in alternativen Verpackungen.
Imagewandel
Getränke in Dosen sollen im Hier und Jetzt genossen werden und sind Zeichen eines unkomplizierten Lifestyles. Besondere Ausstattung ist nicht nötig und die Portionen kommen individuell verpackt im Behälter, in dem sie auch serviert werden. Es spricht also einiges für Dosen: Sie sind praktisch, transportabel, cool und angeblich auch nachhaltig. Vielen Konsumenten erscheint es zwar ein Paradox, doch Dosen haben eine geringere CO2-Bilanz als Glasflaschen. Doch es gibt einen Schönheitsfehler. Einen großen: die Erzählung. Wein in Dosen hatte lange den Ruf billigen Fusels und wurde keineswegs mit köstlichem Genuss in Verbindung gebracht. Die Einstellung der Konsumenten zu ändern, ist keine einfache Aufgabe. Ironischerweise hat der Stiefbruder des Weins, das Bier – genauer gesagt das Craft Beer – den Weg geebnet.
Unpretentiös
In Europa gibt es schon seit Jahrzehnten Wein aus Dosen, die wirkliche Renaissance der Dosenweine begann jedoch in den USA kurz nach der Jahrtausendwende. Im Jahr 2003 war Coppola (Halle 9, Stand A 06) das erste amerikanische Weingut, das Wein in Dosen auf den Markt brachte. Den Anfang machte der Sofia Mini, Blanc de Blanc Sparkling – 187ml in Aluminium. Diese individuellen Portionen, inklusive Strohhalm, waren ein großer Hit und änderten alles. Die Union Wine Company aus Oregon (Halle 9, Stand D 08) baut seit ihrer Gründung 2005 auf den Zugänglichkeits-Faktor. Gründer Ryan Harms sagt, er rief Union ins Leben, um dem Vorurteil, dass Weine aus Oregon immer teuer sein müssten, etwas entgegen zu setzen: „Für die Dosen produzieren wir unseren Wein ebenfalls mit großer Kunstfertigkeit, aber ohne großes Aufheben.“ Über gut verständliche Etiketten hinaus, konzentriert man sich im Marketing von Union darauf, die Stereotypen, die den Wein umgeben, auf die Schippe zu nehmen. Diese unprätentiöse Art und die fruchtbetonten Aromen haben Union ein äußerst stabiles Fundament beschert, wenn es um den Verkauf vor Ort und auf dem Markt geht – etwas, das vor zwanzig Jahren noch undenkbar gewesen wäre. Dass Wein aus Dosen zum Mainstream werden konnte, wird Union häufig zugeschrieben. Andere Länder und Bundesstaaten folgen – so tauchen süffige, günstige Dosenweine aus Chile, Kalifornien und sogar Australien auf. Weitere Informationen: www.prowein.com
Heute Abend, lesen Sie im zweiten Teil, warum die inneren Werte Zählen.