Nomen est omen oder wie ein Kaffeefreak von der Nachtgastro zum Frühstücksfan mutiert.
Was gibt es Besseres, als sein Lokal „Immervoll“ zu nennen und damit auch gleich eine Botschaft auszuschicken. Christoph Immervoll, seines Zeichens Kaffeesieder, hat dieses Privileg und musste nicht mal tricksen: Denn er heißt tatsächlich so und seine Frühstückslocation im legendären Bad Ischl ist auch immer voll. 16 Jahre war Christoph Immervoll in der Nachtgastro tätig, bis es ihm vor acht Jahren reichte, und der Barkeeper zum Kontrastprogramm Frühstück wechselte. Seither führt der Absolvent einer Tourismusfachschule DIE Frühstückslocation in Bad Ischl und das will schon etwas heißen. Denn der geschichtsträchtige Ort musste sich an ein Frühstückslokal erst gewöhnen: Die Uhren gehen dort mitunter immer noch etwas anders und das Kaffee-Mehlspeisengeschäft wird bekanntermaßen seit jeher von jemand anderem dominiert. Als Kaffeesiederei startete der Jungunternehmer sein Business, nachdem er einige Jahre die Welt bereiste und in Südamerika auf die Kaffeepflanze stieß, die es ihm angetan hatte. Was er dort allerdings als Kaffee serviert bekam, entsprach so gar nicht dem, was wir Europäer mögen, denn in diesen Regionen ist Kaffee ein reines Exportprodukt, das nur Geld bringen soll. Die Idee zum Barista-Shop war geboren und so sprang Christoph Immervoll auf den Kaffeehype auf, der vor gut zehn Jahren das Land erfasste und mit unzähligen Barista-Shops flutete. Nicht nur, um sich abzuheben, gründete Immervoll die Kaffeesiederei, sondern auch deshalb, um der klassischen Wiener Kaffeehauskultur mit Schnittlauchbrot und Kipferl eine Präsentationsfläche zu bieten. Und das geht in einem Barista Shop definitiv nicht. Dabei blieb es aber nicht sehr lange, denn die große Nachfrage nach weiteren Frühstückskomponenten zwang den Barista quasi zum Nachrüsten. Entwickelt hat sich dann eine hippe Frühstückslocation mitten im Stadtkern von Bad Ischl, der Einheimische gleichermaßen anzieht wie Urlauber, und in der ohne Reservierung gar nichts mehr geht.
Arabica & Robusta
Drei spezielle Mischungen lässt Christoph Immervoll in einer speziellen Rösterei (deren Namen er penibel geheim hält) herstellen, die bestens auf sein Kaffeeangebot abgestimmt sind und mit der Espresso-Maschine harmonieren. Filterkaffee hat er nämlich wieder von der Karte genommen, weil der Zeitaufwand zu hoch ist – dem Andrang der Gäste wegen. Seine Leidenschaft liegt eindeutig im richtigen Brühen des richtigen Kaffees: Ein Arabica als fruchtige Bohne mit einem leicht süßlichen Geschmack bezeichnet Immervoll als „Rindfleisch“ unter den Sorten. Der Robusta mit einem fast doppelt so hohen Koffeeingehalt wird wegen seines vollen Körpers gerne für Espressomischungen verwendet. Geschmacklich flacher und in der Wirkung mitunter ausgleichend, wird diese Bohne von Immervoll mit einem Schmunzeln als das „Schweinefleisch“ bezeichnet. Wobei das in keinster Weise abwertend gemeint ist, liegt es doch in beiden Fällen ausschließlich an der Qualität. 10 zu eins sind die Kaffeemischungen jeweils oder eben zu 100 Prozent aus einer Kaffeesorte, wie das beim Häferlkaffee zum Beispiel der Fall ist, der zu 100 Prozent aus der Arabicabohne besteht. Alle Mischungen sind bei den jeweiligen Kaffeeangeboten genauestens in der Karte angeführt, der Gast weiß also, was er bekommt.
Oma Resi
Doch eigentlich geht es ja um das Frühstück und da bietet die Frühstückskarte fertige Kompositionen genauso, wie A-la-carte Varianten. Mit Ausnahme des Oma Resi-Frühstücks (benannt nach Immervolls Oma) werden alle ohne Heißgetränk angeboten: Zu kompliziert wurden die Bestellungen, so Immervoll, sodass nun das Getränk separat geordert werden muss. Die Frühstücks-Palette reicht von „Bunt & Gsund“, bei dem Gemüsesticks, frischer Obstsalat und Joghurt mit Honig und Nüssen den Ton angeben, bis hin zur Holzknecht-Variante, bei der ein mit Lauch, Käse und Speck gefülltes Omelett mit gebähten Schwarzbrotscheiben serviert wird. Und was denn nun am besten gehe, fragen wir ihn? Eh die gesunde Variante und dann noch der Hans Wurst, weil die Österreicher einfach Wurstliebhaber sind – auch zum Frühstück. Das Wetter spielt ebenfalls eine Rolle, denn es lässt Gäste bei Kälteeinbruch eher zu wärmeren Sachen greifen. Die Aufstriche werden selbst gemacht, die restlichen Produkte geliefert, denn sie selbst zu machen würde sich zeitlich mit vier Angestellten bei rund 50 Sitzplätzen nicht ausgehen. Bei Schönwetter kommt muss noch der Garten versorgt werden, der nicht erst seit den Corona-Regeln äußerst beliebt ist.
Filteranlage aus der eigenen Werkstatt
Dass Christoph Immervolls Leidenschaft dem Kaffee gilt, ist nicht zu übersehen: Die eine große Fensterscheibe des Cafes zieren unzählige alte Kaffeemühlen, die er von einer Sammlerin aus dem Mühlviertel hat. Die andere Fensterscheibe wird von einer selbst gebauten Filteranlage dominiert, die der Kaffee-Freak sowohl für den Cold-Brew, als auch zur Zubereitung von Früchtetees verwendet. Zwölf Stunden Zeit gibt er dem Mazerat, der ein echter Cold Brew Kaffee eigentlich ist, und der süßliche Geschmack, der ohne Säuren und Bitterstoffe auskommt, gibt der Zeitkomponente – und dem Wissen von Christoph Immervoll – recht. „Die Flasche ist fertig, wenn du’s bist“, steht in der Karte – na dann. Das Immervoll sticht mit seinem Konzept im traditionsreichen Bad Ischl heraus und soll sich bewusst vom stets präsenten Kaiserimage abheben. Wobei Christophs Immervoll mit dem „Kaiserpaar“, einem Frühstück für Zwei, dem Thema Nummer eins dann doch Tribut zollt. So ganz ohne geht’s dann eben doch nicht. Neben der hohen Qualität und der mehr als ausreichenden Menge, die serviert wird, bestechen vor allem die genauen Angaben aller verwendendeten Produkte und die Zusammensetzung der Kaffees. Die Gäste erfahren alles über die verwendeten Kaffeebohnen, das Brühverfahren und den Geschmack, der sie erwartet. Überraschung ist also nur mehr, welcher Kaffee zu welchem Frühstück passt – aber auch dazu gibt es Beratung seitens Christoph Immervoll. www.kaffeesiederei.net