Die Corona-Krise hat in allen Bereichen ihre Spuren hinterlassen und für so manche Veränderungen gesorgt. Wie sich dieses Thema in der Gastronomie niederschlägt, beleuchtet Food-Expertin Hanni Rützler in ihrem aktuellen Foodreport.
Lockdown im Frühling, aufsperren mit Vorsichtsmaßnahmen im Frühsommer, eine annehmbare Gastgartensaison und verschärfte Maßnahmen samt Masken- und Registrierungspflicht im Herbst. Die Gastronomen sind gefordert und sollen neben all den Auflagen auch noch gut kochen und echte Gastfreundschaft leben. Kein leichtes Unterfangen, zumal die Situation nach wie vor fragil und die Situation ambivalent ist. Denn während sich Gastronomen im urbanen Bereich auf relativ klare Regeln stützen können, herrscht bei Hüttenbetreibern weiterhin Unsicherheit, wie denn der (Ski)Winter nun aussehen kann.
Abholen, liefern, verpacken
Der erste Schritt im Lockdown zur Rettung des gastronomischen Betriebes war für viele ein Abhol- bzw. Lieferservice. In Windeseile wurden Abholstationen implementiert und Mitarbeiter geschult, entsprechende Verpackungen angeschafft und in weiterer Folge mutierten Köche mitunter auch zu Essens- Auslieferern. Es wurden keine Mühen und – zum Teil auch Kosten hinsichtlich Umbau und Anschaffungen – gescheut, um den Betrieb am Laufen zu halten. Erwartungsgemäß dauerte es nicht lange, bis die ersten Stimmen zum Verpackungswahnsinn, sprich Müllberge versus Umwelt, laut wurden. Das rief die fachspezifischen Unternehmen auf den Plan und beschleunigte vielerorts die ohnehin schon länger auf Schiene gebrachte Nachhaltigkeitsstrategie hinsichtlich Verpackung und Einweggeschirr. Ressourcenschonend sollte es sein, aber auch umweltfreundlich in der Entsorgung. Das Naturprodukt Holz erlebte damit eine Renaissance und findet sich bei der Verpackung genauso wie bei Besteck und Tellern. Holz kann mit natürlichen Abfällen entsorgt werden und fügt sich damit bestens in den ökologischen Kreislauf ein. Auch Einmalgeschirr aus Pflanzenresten, die bei der landwirtschaftlichen Produktion anfallen und bisher nicht weiterverwendet wurden, eroberten den Markt. Auch dieses Einmalgeschirr ist vollständig biologisch abbaubar und kompostierbar. Corona hat dem Delivery-Geschäft, das in den USA zum Alltag gehört, in Europa einen Turboschub verpasst. Nicht auszuschließen, dass immer mehr Gastronomen ernsthafte Überlegungen anstellen, sich teure Mieten und kostenintensives Personal zugunsten eines ausschließlichen Lieferservices zu sparen.
Hand in Hand
Der Trend zum Lieferservice bedingt teilweise auch eine andere Art des Kochens. Eine Entwicklung zeigt den Trend hin zu Saucen, Fonds und Dressings, die von den Köchen gezaubert werden. Die Basics kaufen die Kunden dann selbst zu und verfeinern zu Hause eben mit dem Bestellten. In diesem Bereich kommen Convenience-Produkte genauso zum Einsatz, wie das frische Bratensafterl aus dem Gastro-Backrohr, das dann zu Hause mit verschiedenen Beilagen angerichtet wird.
G’sund soll es sein
Der Anspruch an Gesundheit beim Essen ist nicht erst seit Corona ein Thema. Gäste wollen schon länger wissen, wie das Tier vor seiner Schnitzelversion gelebt hat und wie die Zubereitung aussieht. Vielfalt ist genauso nachgefragt wie Ausgewogenheit, Gemüse und Hülsenfrüchte sind im Vormarsch. Und genau hier kann Österreich mit seinen regionalen Produkten punkten und wie wichtig genau diese regionale Versorgung ist, hat der Lockdown ganz deutlich gezeigt. Plötzlich wurde über Landversiegelung genauso gesprochen, wie über saisonale Angebote und der Begriff „brutal lokal“ wurde geprägt. Auch das, insbesondere in der Spitzengastronomie, schon länger praktizierte „From nose to tail“ kommt verstärkt zum Einsatz und „Farm to table“ ist beinahe schon ein Muss.
Und dann?
Was wird die Zukunft bringen, in welche Richtung wird sich das Essverhalten entwickeln, wenn es nach Hanni Rützler geht? Biodiversität, also Artenvielfalt, wird vermehrt die Teller beleben, was wiederum lokale Produzenten stärkt. Womit Gastronomen langfristig wohl nicht um das Thema Herkunftsbezeichnung herumkommen werden. Fleisch ist nicht wegzudenken, wird aber, gerade bei jungen Leuten, eine untergeordnete Rolle spielen und klassische Essenszeiten verlieren immer mehr an Bedeutung. Immer und alles, ist die Devise. Passt, denn geliefert werden kann immer.