Der legendäre Wirt des Marchfelderhofes am Stadtrand von Wien, Gerhard Bocek, ist dieser Tage völlig unerwartet im 79. Lebensjahr verstorben. Nach diversen Praktika übernahm er im Jahr 1969 gemeinsam mit seiner Schwester Hilde Faltus den elterlichen Betrieb und führte ihn bis zuletzt – seit 2019 gemeinsam mit Peter Großmann, der nach Faltus‘ Tod ihre Nachfolge antrat.
Events und Seitenblicke
Bocek war ein Wirt und Gastgeber mit Leib und Seele, der schon früh erkannte, dass man für das relativ große (über 300 Sitzplätze), aber nicht gerade zentral gelegene Lokal neue Marketingmaßnahmen ergreifen musste. Und so lud er zu allen denkbaren Events diverse Promis – oder was man in Österreich dafür hält – in seinen Marchfelderhof ein und die Seitenblicke-Presse gleich dazu, noch bevor diese Art der Berichterstattung hierzulande zum Standard in den meisten Redaktionen wurde. „Klimpern gehört einfach zum Handwerk“ lautete sein Motto, wie er einst dem Autor dieser Zeilen verriet. Und so waren die Adabei- und Seitenblicke-Redakteure dieses Landes manchmal fast im Wochenrhythmus bei Gerhard Bocek, um Lugners, Schillers, Toni Polster oder auch (oft ehemalige) Spitzenpolitiker zu deren Geburtstagen, zur Einleitung der Spargel-oder Wildwochen und ähnlichen Anlässen zu interviewen.
Von Alain Delon bis Liz Taylor
Wobei man nicht verschweigen darf, dass auch die ganz großen Namen auf Boceks Gästeliste standen: Liz Taylor, Nancy Sinatra, Herbert von Karajan, Donna Summer, Placido Domingo, Cliff Richard, Curd Jürgens, Andy Warhol, Louis Armstrong, die Bee Gees, Alain Delon und viele weitere internationale Stars mehr ließen sich im Laufe der Jahrzehnte von Boceks Mannschaft verköstigen. Damit hat Gerhard Bocek gewissermaßen einen Ort der internationalen Begegnung ins Leben gerufen.
Ehrenbürgerschaft Deutsch-Wagram
Doch auch abseits der Promis konnte Gerhard Bocek einen großen Kundenstock an Stammgästen gewinnen, die ihm bis zuletzt die Treue hielten. Erst im Vorjahr wurde ihm von der Gemeinde Deutsch-Wagram die Ehrenbürgerschaft für seine Verdienste in der Region verliehen. Immerhin ist der Marchfelderhof mit rund 65 Mitarbeitern einer der größten gastronomischen Arbeitgeber Niederösterreichs. In der Nacht von 1. auf 2. Februar ist Gerhard Bocek plötzlich von uns gegangen. Mit ihm hat Österreich einen seiner schillerndsten, bekanntesten und menschlichsten Wirte verloren. Peter Großmann plant jedenfalls, den Marchfelderhof auch in Zukunft in Boceks Sinne weiterzuführen.