Man ist mitten im Herbst und das bunte Farbenspiel der Natur inspiriert, die herbstliche Vielfalt auf den Teller zu bringen. Zum aromatischen Wildbret gesellen sich kulinarische Klassiker wie Hagebutten, Maroni, herb-süße Preiselbeeren, neben Kürbis, Topinambur oder den letzten Wildpilzen der Saison. Zutaten in Hülle und Fülle, die mit dem „wilden“ Hauptdarsteller perfekte Kreationen schaffen.
Wenn die Wirte laden…
Die Wildpartie hat in Österreich Tradition, etliche Gasthäuser bleiben diesem Brauch treu und überzeugen mit neu interpretierten Klassikern. Die „Partie“, ein mehrgängiges Menü von Wildgerichten, stammt aus einer Zeit, in der es noch keine Tiefkühltruhe gab und somit Wildgerichte nur kurzzeitig auf der Speisekarte standen. Innerhalb weniger Tage verspeiste verlässlich eine große Zahl an Gästen das Wild in den Gaststuben. Für den Wirt ein gutes Geschäft, jedoch hatten die Wildgerichte damals nichts mit der Qualität von heute zu tun.
Wildfleisch wurde immer sehr gut durchgegart, „sous-vide“ oder Niedrigtemperaturgaren war unbekannt, der typische Wildgeschmack meist sehr stark ausgeprägt und auch Sehnen und Knorpeln im Ragout waren keine Seltenheit. Aus der Partie von einigen Tagen wurden inzwischen Wildwochen, die vom Herbst bis in den Winter reichen. Wild in der Gastronomie ist ein fast ganzjähriger Begleiter geworden. Der früher so geschätzte „Hautgoût“, also der sehr intensive „Wildgeschmack“, ist nicht mehr gefragt.
Heute zählt das milde, aber arttypische Aroma, ein leicht säuerlicher, aber aromatischer Geruch und Geschmack ist für Wildfleisch, vor allem Reh, Hirsch oder Hase typisch. Dank moderner Kühlung, fachgerechter Zerlegung und Veterinärkontrollen, kommt nur mehr frisches, mildes und vor allem kontrolliertes Wildfleisch in die Küchen.
Durch oder rosa gebraten?
Um sich vor Infektionen zu schützen, empfiehlt es sich, Wildfleisch gut durchzugaren. Eine Kerntemperatur von 80 Grad Celsius über mehrere Minuten sollte erreicht werden, was sich gut mit einem Bratenthermometer überprüfen lässt. Zartrosa und saftig, so wird Wildfleisch heute geschätzt. Für die Qualität von Wildgerichten ist ausschlaggebend, dass hochwertiges Fleisch von jungen Tieren nach sorgfältiger Lagerung im Kühlraum seinen vollen Geschmack entfalten darf. Weidmanns heil! Auch das beliebte Beizen ist heutzutage kein Muss mehr. Es macht das Fleisch nicht weicher, sondern verleiht ihm nur das Aroma der Kräuter, mit dem man in früheren Zeiten den Fäulnisgeruch von Wild zu übertünchen versuchte.
Des Jägers „Nose-to-tail“
Wild ist generell sehr fettarm, jedoch sind manche Teilstücke sehnenreich. Daher ist nicht jedes Teilstück zum Kurzbraten geeignet. So ist der Rücken von Haarwild wie Reh, Hirsch oder Hase das edelste Teilstück. Er wird gerne im Ganzen oder in Form von Medaillons zubereitet und eignet sich zum Kurzbraten. Auf der Innenseite des Rückens sitzen die kleinen echten Filets, die besonders zart sind. Sie werden im Ganzen kurz angebraten und eignen sich sehr gut für kleine Vorspeisen. Die Keule wird meist im Ganzen oder in Teilen zubereitet und in manchen Rezepten wird vom Schlegel oder der Nuss gesprochen.
Aber es lassen sich auch wie beim Hirsch etwa Schnitzel aus Teilen der Keule schneiden. Die Schulter wird in der Jägersprache gerne als Blatt bezeichnet und eignet sich gut für Ragouts, Gulasch oder wird als Rollbraten zubereitet. Die Innereien vom Wild sind im Handel kaum erhältlich, wobei Rehleber als echte Delikatesse gilt. Aber üblicherweise gehören Herz, Leber und Nieren zum „kleinen Jägerrecht“. Der Jäger darf die Innereien für sich beanspruchen.
Kongeniale Partner
Wildfleisch ist einfacher zu würzen, als viele denken. Soll der Fleischgeschmack im Vordergrund stehen, so wird nur sparsam mit Salz, Pfeffer, etwas Wacholder oder Thymian gewürzt. Bei Ragouts dürfen es schon mehr Gewürze und Kräuter sein. Lorbeerblätter, Rosmarin, Piment oder gar Nelken passen perfekt zum Wildfleisch, genauso wie Zitronenschale, Wurzelgemüse, Speck und natürlich Rotwein. Aber auch Äpfel, frische Feigen oder Beeren passen in diverse Saucen oder auf Spießchen. Gerade Brombeeren mit ihrer herben Süße harmonieren ausgezeichnet mit Reh oder Hirsch, ebenso wie Ribiselgelee oder Creme de Cassis. Fasanenbrust, die gerne etwas trocken wird, liebt Gänseleber oder Lardo. Maroni, Steinpilze oder Preiselbeeren setzen das Wildfleisch besonders gut in Szene, ein perfektes Trio.
Steinpilze
Der König unter den Waldpilzen duftet angenehm nach Wald und hat einen nussähnlichen, leicht herb-würzigen Geschmack. Sein Fleisch ist fast weiß und bissfest. Beim Kochen verfärbt sich das Pilzfleisch nicht und behält seine Farbe. Egal, ob gebraten, gebacken oder getrocknet, Steinpilze verleihen jedem Gericht eine pikante Note. Getrocknet kann er sogar als Gewürz bezeichnet werden, denn er aromatisiert Speisen durch das noch intensivere Pilzaroma. Er gehört zu den wenigen Wildpilzen, die auch roh gegessen werden können. In dünne Scheiben geschnitten schmeckt der rohe Steinpilz mild-würzig und bereichert Salate oder italienische Vorspeisen. Am besten schmecken die kleinen Exemplare, bei denen die Kappe noch rundlich und hellbraun ist. Diese „Champagnerkorken“ sind besonders fein und edel im Geschmack und runden Wild-, Pasta-, Reis- oder Kartoffelgerichte ab, harmonieren aber auch mit Edelkastanien. Am besten bringen einfache Rezepte mit wenigen Zutaten den vollen Geschmack des Pilzes zur Geltung. Steinpilze sollten sparsam gewürzt werden, Zwiebel, Petersilie, Thymian oder Knoblauch passen aber fast immer. Einige zerdrückte Koriandersamen im Gericht verstärken sogar das Steinpilzaroma.
Preiselbeeren
Die roten herben Beeren kennt fast jeder als Beilage zu Wild oder Käse. Die Preiselbeere ist mit der Heidelbeere verwandt und gehört zur Familie der Heidekrautgewächse. Die Beeren reifen je nach Höhenlage von Juli bis September und schmecken säuerlich-herb, lassen sich aber gut tiefkühlen. Die reifen Beeren sind reich an Gerbstoffen, Fruchtsäuren und Vitaminen und werden in der Volksheilkunde sehr geschätzt. Roh werden die Beeren kaum gegessen, dafür sind sie zu sauer. Aber in Kombination mit Zucker und anderen Obstsorten wie Äpfel, Birnen oder Orangen, lassen sich herzhafte Saucen, Chutneys, Kompotte oder Marmeladen zaubern. Sie harmonieren dabei mit vielen Gewürzen wie Zimt, Nelke, Muskat oder auch Ingwer und würzen Wildgerichte oder Blaukraut.
Maroni
Kaum ein Lebensmittel ist so vielseitig zu verwenden wie die Marone: Sie eignet sich für pikante und süße Gerichte gleichermaßen und es lassen sich Suppen, Kuchen Torten, pikante Tascherl und Aufläufe daraus zaubern. Sie ist eine ideale Begleiterin zu Blaukraut und Wild, sogar Marmelade oder Brote aus Kastanien schmecken hervorragend. Getrocknete Maroni werden gerne zu Mehl vermahlen. Als „Mehlersatz“ verwendet lassen sich schmackhafte Kuchen, Nudeln, Krapfen oder Schmarren herstellen. Frische Maroni lassen sich nicht lange lagern, daher am besten im Herbst frische Ware einkaufen, einritzen und dämpfen, danach schälen und einfrieren. So hat man das ganze Jahr über Maroni zur Hand, um daraus verschiedene Köstlichkeiten wie Glasierte Maroni zu zaubern. Die mit karamellisiertem Zucker umhüllten Kastanien schmecken sehr gut als Beilage zu pikanten Gerichten wie Wild oder Kaninchen. Freuen Sie sich auf die „wilden Tage“ im kulinarischen Herbst!