Wer hat dem Bier die Hörner aufgesetzt?

Wer hat dem Bier die Hörner aufgesetzt?


Im Advent haben Bockbiere wieder Hochsaison – ein Brauch, der auf die katholische Kirche zurückgeht, denn der Advent ist – streng betrachtet – ebenso eine kirchliche Fastenzeit wie es die Wochen vor Ostern sind.

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Bierbrauen war lange Zeit das Privileg von Klöstern, weshalb auch in diesem Bereich die Kirche in manchen Bereichen ihren Stempel aufdrücken konnte – etwa beim Bockbier, das speziell vor Weihnachten und Ostern traditionell genossen wird. Denn da Flüssiges bekanntlich das Fasten nicht bricht, haben einst die Mönche vor Ostern und Weihnachten eben ein besonders starkes und nahrhaftes Bier eingebraut, um die karge Kost der Fastenzeit aufzubessern. Eine weitere Legende besagt, dass – die Ordensbrüder wollten auf Nummer sicher gehen – ein Fass eines solchen „Fastenbieres“ nach Rom geschickt wurde, um den Segen des Papstes für diesen Biertypus zu erhalten. Bloß war im Mittelalter der Weg nach Rom ein langer und beschwerlicher und so kam das Bierfass nach wochenlanger Reise über die Alpen durchgeschüttelt und von der mediterranen Sonne erwärmt in Rom an, war entsprechend sauer und ungenießbar und folgerichtig fand der Papst, dass dieses Gebräu dem Seelenheil seiner Schäfchen nicht abträglich sei, womit die Verbreitung der Bockbiere vor Weihnachten und Ostern ihren Siegeszug antreten konnte. Wobei man „Siegeszug“ hierzulande leider buchstäblich in Anführungszeichen setzen muss, beträgt der Marktanteil der Starkbiere in Österreich doch gerade einmal 0,4 Prozent, Tendenz fallend. Viel zu wenig angesichts der intensiven Aromen, die diese Arten von Bieren bieten!

Bockbier nicht tierischen Ursprungs

Dabei hat der Name „Bockbier“ eigentlich nichts mit dem gleichnamigen Tier zu tun. Vielmehr war bereits im 14. Jahrhundert die deutsche Stadt Einbeck in der Nähe von Hannover für ihre Starkbierbraukunst berühmt, sodass man auch andernorts bald ein Bier nach „ainpöckisch Art“ herstellte. Aus diesem „ainpöckisch Bier“ wurde im Laufe der Zeit umgangssprachlich eben „ein Bockbier“. Der klassische Weihnachtsbock ist dabei ein untergäriges Bier mit etwa 6,5 – 7,5 Vol.% Alkohol. Und wer es etwas intensiver möchte, der greift eben zu Doppelbockbieren. Stellt sich die Frage, wieviel Luft es nach oben beim Alkoholgehalt von Bieren gibt? Erstaunlicherweise jede Menge. In Bayern etwa sind Doppelböcke mit einem Stammwürzegehalt von mindestens 18° Plato und einem Alkoholgehalt meist jenseits der 7,5 Vol.% beliebt. Und da geht noch mehr: So ist (immer vorausgesetzt, die Stammwürze ist hoch genug und liefert der Hefe damit genügend Brennstoff) bei einem „klassischen“ Bier erst irgendwo in der Gegend von 12 – 14 Vol.% Feierabend, weil die Hefe ab diesem Zeitpunkt beginnt abzusterben – sie vergiftet sich quasi selbst durch den von ihr produzierten Alkohol. Einer der bekanntesten Vertreter solcher „klassischen“ Böcke ist etwa das Samichlaus Bier der oberösterreichischen Brauerei Schloss Eggenberg: Die Rezeptur stammt eigentlich von der Schweizer Brauerei Hürlimann, seit dem Jahr 2000 wird dieser Mega-Bock aber von der Salzburger Brauerei Schloss Eggenberg gebraut. Der Name ist ein Schweizer Dialekt für „St. Nikolaus-Tag“, den 6. Dezember, den einzigen Tag im Jahr, an dem dieses Bier gebraut wird. Mit 14 % Alkohol dabei eines der stärksten klassischen Lagerbiere der Welt, das in drei verschiedenen Versionen verkauft wird. Traumkombination etwa zu kräftigen Blauschimmelkäsen.

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Ein Eis zum Trinken

Wer es noch stärker haben möchte, kann etwa zum Eisbock greifen. „Erfunden“ hat diesen angeblich ein Brauereigeselle Ende des 19. Jahrhunderts in der bayrischen Stadt Kulmbach. Er soll in einer besonders kalten Winternacht ein Fass Bier im Freien vergessen haben. Ein Teil des Wasseranteils des Bieres gefror dabei zu Eis, Alkohol und andere Aromen sammelten sich in konzentrierter, aber noch flüssiger Form im Inneren des Eisblocks – und wurden bei einer Verkostung als überaus schmackhaft beurteilt. Das Prinzip hat sich bis heute nicht verändert: „Normales“ Starkbier wird auf unter null Grad Celsius abgekühlt. Die im Bier vorhandenen Wassermoleküle beginnen jetzt zu kristallisieren und lassen sich herausfiltern, wodurch das verbleibende Bier umso intensiver wird. Ein Vorgang, der sich durchaus mehrmals wiederholen und so die mögliche Alkoholkonzentration fast beliebig nach oben schrauben lässt. Wo liegt jetzt also wirklich die Grenze? Die US-Brauerei Samuel Adams hat als eine der ersten mit ihrem „Utopias“ ein besonderes Starkbier mit 28 Vol.% Alkohol vermarktet, das heute noch eine gesuchte Rarität unter Liebhabern ist. Für Aufsehen sorgte vor einigen Jahren ein kurzer Wettstreit um das stärkste Bier der Welt zwischen der bayrischen Brauerei „Schorschbräu“ mit ihrem „Schorschbock“ und der schottischen Kultbrauerei „Brewdog“, die mit ihrem „Sink the Bismarck“ dagegenhielt. Doch während die Briten bei spritzigen 41 Prozent die weiße Flagge hissten, entwickelte Schorschbräu-Besitzer Georg Tscheuschner seinen Megabock weiter auf beachtliche 57 Vol.% Alkohol, womit Tscheuschner für sich reklamiert, das „stärkste Bier der Welt“ zu brauen. Mehr sei seiner Ansicht nach nicht möglich, ohne gegen das Reinheitsgebot zu verstoßen. Und tatsächlich streiten sich die Geister darüber, ob das „Snake Venom“ der schottischen Brauerei „Brewmeister“ mit 67,5 Vol.% Alkohol noch als „Bier“ durchgeht, schließlich wird dieser unfassbare Wert durch das Zusetzen von Ethanol, also reinem Alkohol, erreicht.

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Teurer als jeder Edelbrand

Doch wer jetzt glaubt, Biere dieser Alkoholkategorie seien picksüße Liköre ohne jede Kohlensäure, der liegt ziemlich falsch. Das „Sink the Bismarck“ beispielsweise moussiert noch deutlich und bietet intensive Zitrusaromen. Ein spannender und nicht alltäglicher Digestif! Dafür, dass man solche Biere trotzdem lieber aus dem Schnapsglas als dem Bierkrug genießt, sprechen aber neben dem Selbsterhaltungstrieb auch die Preise: Unter 50 € pro 0,33-l-Flasche tut sich in dieser Kategorie wenig, auch mehr als 100 € pro Flasche sind kein Problem. Aber zurück in die Gefilde klassischer Starkbiere: Ganz nach dem Motto „schlankes Bier – schlankes Glas, kräftiges Bier – bauchiges Glas“ genießt man Bockbiere idealerweise aus einem Pokal oder klassischen Krügel. Als Speisenbegleitung passt eine Weihnachtsgans oder ein Braten ebenso gut wie ein intensiver Hartkäse. Und zu einem dunklen Doppelbock darfs dann auch ein Schokoladendessert oder ein gereifter Blauschimmelkäse sein. Noch ein Tipp: Starkbiere sind lange haltbar, in der Regel sogar weit über das MHD hinaus. Das Aroma verändert sich dabei wie bei einem guten Wein meist zum Besseren. Warum also nicht mal eine Kiste Doppelbock im Keller beiseite stellen und erst in zwei oder drei Jahren genießen? Auch Vertikalverkostungen verschiedener Jahrgänge bringen oft interessante Erkenntnisse.

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Alkoholgehalt in die richtige Relation setzen

Und wie bringt man Bock & Co. jetzt am besten an den Gast? Die Angst vor dem höheren Alkoholgehalt ist speziell bei Autofahrern oft vorhanden, dazu bedeuten mehr Stammwürze und mehr Alkohol auch mehr Kalorien. Doch die richtige Relation macht es wie so oft auch hier aus: Ein Bockbier hat um die 7 % Alkohol, die leichtesten Sommerweine beginnen bei 10 bis 11 %, selbst ein weißer Spritzer hat um die 6 %. Und davor fürchtet sich auch niemand. Allerdings kann es gerade bei Starkbieren durchaus Sinn machen, diese – zumindest auch – im 0,1- oder 0,2-Liter-Glas anzubieten. Denn in klassischen Krügeln oder Seideln ausgeschenkte Bockbiere können selbst gestandene Biertrinker rasch an ihre Grenzen bringen. Sollte man den Bock aus der Flasche verkaufen, kann man diese auch unter mehreren Gästen aufteilen.

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Stachel im BierInfo

Stachel im Bier

Um den Genuss von Bockbieren – noch besser: (dunklen) Doppelbockbieren – zu zelebrieren, bietet sich auch das „Stacheln“ an. Bei dieser Prozedur taucht man einen heißen Metallstab kurz in das Bierglas und zieht es in einer Drehung wieder heraus. Durch die Hitze des Stachels karamellisiert der im Bier vorhandene Restzucker, der Schaum wird besonders cremig und erwärmt sich merkbar, während das Bier seine Temperatur kaum erhöht. Viel leichter – und aufsehenerregender – kann man bei seinen Gästen beim Thema Bier nicht Eindruck schinden. Dieser Brauch kommt aus den alten Schmieden, wo im Winter ein glühender Metallhaken tatsächlich verwendet wurde, um das eiskalte Bier auf genusstaugliche Temperatur zu bringen. Bierstacheln samt Halterung und Bunsenbrenner sind heute im einschlägigen Fachhandel erhältlich.

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