Leider hat die spanische Küche bei uns einen geringeren Stellenwert. Vor Ort bietet die iberische Halbinsel viel mehr.
In unseren Breiten stand und steht die spanische Küche unter den mediterranen Küchen immer etwas im Schatten der italienischen und griechischen. Mag sein, dass die italienische feiner und vor allem leichter ist und die griechische besser gewürzt. Die deftige spanische Küche, die eher keine frischen Kräuter und allzu viele Gewürze kennt, muss sich aber keineswegs verstecken. Vermutlich ist der spanische Schinken der beste der Welt. Es gibt ihn in verschiedenen Qualitätsstufen: Serrano ist der einfachere, vergleichbar mit italienischem Parmaschinken oder dem kroatischen Prsut, aber magerer. Iberico stammt von den gleichnamigen freilaufenden Schweinen, die sich fast ausschließlich von Eicheln ernähren. Dann gibt es Papa negra, Bellota oder Joselito, das sind Steigerungsformen von Iberico: zart schmelzendes, unglaublich aromatisches Fleisch. Die Qualität hängt auch von der Reifedauer ab. Es gibt in Madrid Lokale, die sich auf so etwas spezialisiert haben, dort kann man aus einer Unmenge Serrano-Qualitäten wählen (und viel Geld ausgeben). Ein Klassiker der spanischen Küche ist natürlich Paella, mit Gemüse, mit und ohne Fleisch oder mit Meeresfrüchten. Ihr Ursprung ist die Region um Valencia und die spanische Ostküste. In Barcelona gibt es einen Stadtteil am Meer (Barcelonetta), wo sich die Paella-Lokale aneinanderreihen. Paella hieß ursprünglich die große Pfanne, in der dieses Reisgericht zubereitet wird. Grundlage ist ein Rundkornreis, der mit Safran gewürzt wird. In Barcelona habe ich auch mal Artischocken aus dem Ofen gegessen, ein unvergessliches Erlebnis: Die ganzen Artischocken werden im Ofen gegrillt, bis die Spitzen der Blätter anfangen zu kokeln. Dazu wird Knoblauchmayonnaise serviert. Die nordwestliche Region Galizien ist vor allem für ihre deftige Küche berühmt – vor allem mit Fisch und Meeresfrüchten. Von hier stammen die Empenadas, gefüllte Teigtaschen, die auch in Lateinamerika sehr beliebt sind. Oder der Polpo (Tintenfisch) auf galizische Art aus dem Ofen. Auch das Baskenland hat eine ganz eigene Küche – mit französischen Einflüssen. Hier gibt es den Bacalao (Stockfisch) in ungezählten Varianten oder Pastel Vasco (Gateau Basque): ein Mürbeteigkuchen mit Cremefüllung. Damit sind wir schon in Portugal, wo es beide Gerichte, also Stockfisch und Pastel zu Weltberühmtheit gebracht haben. Die Pastéis de nata aus den Kaffeehäusern Lissabons kennt jeder, der dort einmal eingekehrt ist. Und Bacalao gibt es in unendlichen Variationen, besonders wohlschmeckend sind die frittierten Bällchen. Portugal ist auch berühmt für seine Sardinen in Dosen. In Lissabon gibt es dafür eigene Geschäfte. Insgesamt ist die portugiesische Küche noch etwas einfacher, aber nicht weniger wohlschmeckend, als die spanische. Man darf nicht vergessen, die Menschen hier sind nicht wohlhabend, ihre Hausmannskost kann deshalb nicht kostspielig und allzu raffiniert sein. Auf der anderen Seite häufen sich in letzter Zeit preisgekrönte Sternerestaurants auf der iberischen Halbinsel. Städte wie Barcelona, Madrid oder San Sebastian haben sich zu Pilgerstätten für anspruchsvolle Genießer entwickelt.
[ap_divider color=“#CCCCCC“ style=“solid“ thickness=“1px“ width=“66%“ mar_top=“20px“ mar_bot=“20px“]Tapas, Paella und Jamón Ibérico sind nur drei der kulinarischen Klassiker in Spanien.
Tapas
Eine besondere Kultur des Genießens auf Spanisch (und Portugiesisch): Kleine Häppchen zum Wein oder Bier, die in den Bodegas rund um die Uhr gereicht werden. Das geht von den in Essig und Öl eingelegten Sardellen (Boquerones) über belegte Brote (Bocadillos), in Tomatensauce gekochte Fleischbällchen über Piementos de Padron (siehe Rezept) und Tortillas (siehe Rezept) bis zu Spießchen mit Stockfisch oder Papas brava (scharfe Bratkartoffeln). Natürlich werden auch Oliven und Schinken gereicht. So kann man einen ganzen Tag vertrödeln. Und dazu vielleicht noch Fußball schauen, Barca gegen Real.
[ap_divider color=“#CCCCCC“ style=“solid“ thickness=“1px“ width=“66%“ mar_top=“20px“ mar_bot=“20px“]Wein & Öl
Beides hatte lange Zeit mit spanischer Herkunft keinen guten Ruf. Weil die Spanier auf Masse statt Klasse setzten. Und diverse Olivenölskandale verursachten. Doch die Zeiten scheinen vorbei. Heute genießt spanisches und portugiesisches Olivenöl wieder die Anerkennung, die es verdient, weil jetzt auch in Spanien auf Qualität gesetzt wird – vor allem von den kleineren, unabhängigen Produzenten. Das Gleiche gilt für den Wein: Der portugiesische Vino Verde muss kein leichter, billiger Weißwein sein. Und Spanien hat mehr zu bieten als Rioja. Weine von den Ufern des Duro (Ribiera del Duro) sind oft den Riojas an Ausdruckskraft überlegen. Oder probieren Sie einen reinsortigen Tempranillo aus Katalonien. Besonders temperamentvoll und ausdrucksstark ist hier die kleine Region Priorat. Auch spanische Weißweine, besonders aus dem Norden, schmecken wunderbar und vor allem anders. Beliebt in ganz Spanien sind die unkomplizierten Weine aus der Region Rueda, zum Beispiel ein Verdejo. Auch der katalonische Schaumwein Cava kann es mit Sekt, Prosecco und Co. aufnehmen.