Im Rahmen des Tourismusbarometers untersuchen das Beratungsunternehmen Deloitte und die Österreichische Hoteliervereinigung (ÖHV) jährlich die Stimmung in der Tourismusbranche. Im April und Mai 2022 wurden rund 300 Unternehmen aus ganz Österreich um ihre Einschätzung zur gesamtwirtschaftlichen Lage sowie zu ihrer individuellen betriebswirtschaftlichen Situation gebeten. Das Ergebnis: Der Tourismusindex stagniert nach Schulnotensystem auf 3,1 – aber mit leichter Tendenz nach oben.
Im österreichischen Tourismus keimt nach zwei Pandemiejahren ein Hoffnungsschimmer: Die Studienteilnehmer blicken nach einem durchwachsenen Winter wieder optimistischer in die Zukunft. Insbesondere in Wien überwiegt für das restliche Jahr die Zuversicht. Nahezu 90 % der Wiener Tourismusunternehmer erwarten eine Verbesserung gegenüber dem Vorjahr. Zum Vergleich: In den anderen Bundesländern rechnen rund zwei Drittel mit einer positiven Geschäftsentwicklung. „Österreichs Touristiker blicken nach zwei harten Jahren erwartungsvoll in den Sommer. Allerdings schwebt die Pandemie wie ein Damoklesschwert über dem kommenden Herbst“, betont Andreas Kapferer, Partner bei Deloitte Tirol. „Es braucht umfassende Konzepte, um eine zukünftige Coronawelle eindämmen zu können und den aufkeimenden Aufschwung abzusichern.“
Großer Arbeitskräftemangel
Neben der anhaltenden Pandemie spitzt sich die Situation am Arbeitsmarkt weiter zu. Das bekommt der Tourismus besonders zu spüren. So beschäftigt der Mangel an verfügbaren Mitarbeitern die Branche, für drei Viertel der Befragten ist er jetzt spürbarer denn je. Laut Studie setzen viele Betriebe Maßnahmen, um hier gegenzusteuern: Diese reichen von verstärkter Digitalisierung, Bezahlung über Kollektivvertrag bis hin zu schönen Unterkünften und Fortbildungen für die Mitarbeiter.
Deloitte Experte Andreas Kapferer erklärt, welche Schritte es seitens der Politik braucht: „Erhöhte Leistungsanreize in der Besteuerung von Dienstnehmern sind ein wichtiges Element, um die Arbeit im Tourismus attraktiver zu machen. Die Einführung der steuerfreien Gewinnbeteiligung war ein erster Schritt, dem aber weitere folgen müssen.“ Markus Gratzer, Generalsekretär der ÖHV, ergänzt: „Die Arbeit im Tourismus muss seitens der Politik für die Angestellten erleichtert werden – beispielsweise durch den Ausbau der Kinderbetreuung und die Förderung der Mitarbeiterunterkünfte."
Steigende Kosten
Neben dem Arbeitskräftemangel bereitet auch der derzeitige Kostenanstieg, insbesondere die Steigerung der Energiekosten, den Betrieben Sorge. Die Hälfte der befragten Unternehmer wird die Preissteigerungen teilweise bis ganz an die Gäste weitergeben. Hinzu kommt die Steuer- und Abgabenlast, die 2022 durch die Gesamtsituation belastender wirkt. Für viele Teile der Branche gilt seit Jänner wieder ein bis zu viermal höherer Umsatzsteuersatz. Die städtischen Betriebe befürchten zudem Einbußen durch das Ausbleiben von Gästen aus Fernmärkten aufgrund des Ukraine-Krieges. Betriebe am Land fürchten hingegen viel mehr die gestiegenen Baukosten.
Die anhaltende Krisensituation macht es für 43 Prozent der Betriebe auch schwieriger, Kreditzusagen zu erlangen. Vor Corona gab nur ein Drittel an, dass sich der Zugang zu Kreditfinanzierungen erschwert habe. Seit Ausbruch der Pandemie ist dieser Wert um 10 Prozentpunkte angestiegen. Bei der Investitionstätigkeit zeigt sich, dass die Mehrheit der Unternehmen am Land (57 %) heuer trotz der derzeitigen Preissteigerungen Investitionen wie geplant durchführt. 37 Prozent werden allerdings ihr Investitionsverhalten zurückschrauben. Bei den Betrieben in der Stadt zeigt sich ein ambivalentes Bild: Die eine Hälfte will ihre Investitionen planmäßig durchführen, die andere Hälfte will sie reduzieren. „Aktuell belasten vor allem Lieferengpässe und Preissteigerungen als Folge des Ukraine-Krieges die Wirtschaft. Die Touristiker bekommen das unmittelbar zu spüren. Die Wiedereinführung einer Investitionsprämie wäre jetzt ein positiver Impuls“, so Markus Gratzer abschließend.