30 Jahre Niederösterreichische Wirtshauskultur

Was mit 100 Wirtshäusern begann, ist heute die stärkste Kulinarik-Initiative Österreichs. Mittlerweile zählt der Verein rund 200 Mitglieder, die ein starkes Zeichen gegen das Wirtshaussterben setzen.

Entstanden ist der Verein aus der 1994 ausgerufenen „Gulaschkobra“, einer Initiative zur Erleichterung der Betriebsübergaben in der Gastronomie. Heute sind die Mitglieder der Wirtshauskultur typische Wirtshäuser genauso wie In-Lokale oder Haubenrestaurants. Der wesentliche Faktor und was alle eint, ist eine lange Tradition und die ganz individuelle Handschrift der Wirtsleute. Tradition und Innovation prägen die jeweiligen Küchen, wobei die klassische Küche Niederösterreichs immer im Vordergrund steht.

GASTRO hat sich angesehen, was sich in den letzten 30 Jahren verändert hat und was nicht. Wo sind die größten Unterschiede und was hat sich von Bestand erwiesen? Wir sprachen mit einem der Gründungsmitglieder, dem Wirtshaus der Familie Langthaler, und einem der Neumitglieder, das Mo’s der Familie Wimmer-Joannidis.

Werbung

Gasthaus Langthaler

Bei der Familie Langthaler werken drei Generation im Gasthaus.
Bei der Familie Langthaler werken drei Generation im Gasthaus.

Bereits 1824 war Peter Langthaler der erste Bauer & Wirt in Pömling in Emmersdorf, die Gastronomiegeschichte hat also Tradition und dass sie offenbar in den Genen liegt zeigt die Tatsache, dass mit den Kindern Claudia und Patrik bereits die neunte Generation am Ruder ist, die künftig den Betrieb führen wird. Noch aber hat Franz Langthaler das Zepter in der Hand, der seine Ausbildung in der Tourismusschule WIFI St. Pölten machte, seine Frau Sonja bezeichnet er als Naturtalent in der Gastronomie. Großvater Franz ist mit 82 Jahren noch immer mit Leib und Seele Landwirt und auch Oma Margarethe steht mit 75 Jahren noch immer ein paar Stunden in der Küche – vorrangig für ihren legendären Kartoffelsalat. Mit einem Rotwildgehege und Strohschweinen in der eigenen Landwirtschaft und Schlachtung ist die Eigenversorgung in diesem Bereich zur Gänze gedeckt, der Anbau auf den Feldern dient dem Kreislauf im Betrieb. Im Gemüseund Obstgarten werkt noch immer die Oma!

Herr Langthaler, was waren vor 30 Jahren die beliebtesten Gerichte und welche sind es heute? „Früher war es war der Schweinsbraten oder zur Jause der Rohschinken (das G‘selchte) sowie Topfenkäse und Roggenbrot. Heute ist es ebenfalls noch immer der Schweinsbraten, sehr viele Spezialitäten vom Rotwild aber natürlich auch vegi oder vegane Speisen!“

„Was hat sich denn in den vergangenen 30 Jahren am meisten verändert?“ „Die Gäste sind anspruchsvoller geworden, was aber auch die Qualität hebt. Sie sind aber auch hektischer und manchmal auch ein bisschen unverschämter geworden! Durch die sozialen Medien und die digitale Welt kommt man natürlich heute viel leichter in eine andere Gästeschicht und auch aus anderen Entfernungen. Die Führung des Betriebes war vor 30 Jahren sicher einfacher und nicht so ins Detail gehend. Heute sind die Bürokratie und der Wettlauf mit der digitalen Welt ein extremer Sprint!“

Herr Langthaler, welches Gericht hat sich am wenigsten und welches am meisten verändert? „Am wenigsten hat sich unser Schweinsbraten (vom eigenen Strohschwein) verändert, der Rohschinken wird seit Generationen gleich produziert – aber vielleicht anders serviert und angerichtet.

Am meisten hat sich das Anrichten sowie das Benennen von diversen Speisen verändert. Unsere Tochter Claudia zaubert heute Desserts – das hätte vor 30 Jahren bei uns keiner verkauft!“

„Fordern die Gäste die klassische Hausmannskost in bewährter Art oder sind sie aufgeschlossen? „Durch den Bauernhof, den die Gäste bei uns hautnah erleben, hat die Hausmannskost schon noch seine Berechtigung, aber natürlich rundet sich das Angebot mit Speisen und Getränken der Zeit angepasst ab.“

„Wie wird Hausmannskost heute gekocht? „Eigentlich immer noch gleich, natürlich mit anderer Energie – kein Holzofen sondern Induktion oder Kombidämpfer.

„Was bringt die Mitgliedschaft bei der NÖ Wirtshauskultur, Herr Langthaler? „Als Gründungsmittglied hat man vieles gesehen, es ist eine Marke geworden, es ist eine Garantie für den Gast, es passt immer – je nach Betriebstyp immer anders! Auch die Vernetzung und der Austausch mit Gleichgesinnten sowie das Marketing in der Öffentlichkeitsarbeit und gemeinsame Bewerbung auf verschiedenen Kanälen sind ganz klare Vorteile!“

www.gasthaus-langthaler.at

mo‘s – vom Spitznamen zum Markenzeichen

Eines der jüngsten Mitglieder ist das mo’s im Kaiserhof in Straß im Straßertale, das aktuell mit zwei Hauben ausgezeichnet wurde. Fast wie die sprichwörtliche Jungfrau zum Kind kamen Philipp und Isabelle Wimmer- Joannidis zu dem Betrieb, denn ursprünglich kamen sie im Februar 2022 zum frisch renovierten Kaiser‘s Hof, um sich beim Eigentümer mit Cateringdienstleistungen bei Hochzeiten einzubringen. Aber bereits nach den ersten Veranstaltungen war klar, dass ein neues Konzept her musste. Restaurant und Hotelbetrieb waren noch nicht etabliert, worauf Isabelle die operative Leitung der Veranstaltungen und Philipp die Produktion aus dem alten Betrieb heraus übernahm. Im September übernahm das Ehepaar dann als Pächter endgültig den Betrieb.

„Herr Wimmer-Joannidis, wie kam der Name zustande? „Kaiser‘s Hof war vom Eigentümer vorgegeben, das mo’s haben wir mitgebracht. Das ist unsere Marke bzw. war seit meiner Jugend mein Spitzname, der zurückgeht auf mo, den Barkeeper in der Zeichentrickserie „The Simpsons“. Mit der Selbständigkeit habe ich ihn zur Marke gemacht, weil man sich mo viel leichter merkt als Philipp Wimmer Joannidis“.

Ausbildungsmäßig bringt der Hausherr als Absolvent des Moduls das nötige Rüstzeug mit, die Hausherrin verdingte sich als ehemalige Bankerin freiwillig als Quereinsteigerin, denn „sonst sehe ich meinen Mann nie“.

Warum „tut man sich in Zeiten wie diesen das an“, ein Gasthaus zu eröffnen, liebe Wirtsleute? „Warum nicht? In unseren Augen ist das so ein schöner Beruf, wir haben ein tolles Team, die Location ist sehr gut dafür geeignet. Die Frage des Warum stellte sich überhaupt nicht. Wenn man Leidenschaft hat und seinen Beruf zum Hobby macht, und in der Gastro muss man das, geht man keinen Tag in seinem Leben mehr arbeiten.

Wir haben das große Glück, als kleiner Familienbetrieb sehr gut mit unseren Mitarbeitern zusammen zu arbeiten. Und ganz ehrlich, in welchem Job bekommt man so schnell so ein schönes Feed back, wenn man einen Gast glücklich gemacht hat, als in der Gastro?“

Wo liegt Ihr Fokus in der Küche? „Wir haben uns im Restaurant konzeptionell dazu entschieden, hauptsächlich Wild aus der Region zu verarbeiten, das wir über Jagd&Wild in Straß, also direkt vor der Haustüre, beziehen. Das schließt alle Wildprodukte, wie Würste, Salami und Speck mit ein.

Auf die Frage, welche Gerichte am meisten nachgefragt sind, meint „mo“, dass es schon auch die Klassiker sind wie das Ochsenbackerl oder das Krenfleisch vom Saibling. Die Wimmer-Joannidis‘ schupfen den Laden derzeit zu zweit in der Küche und zu zweit im Service. An der Vereinigung der NÖ Wirtshauskultur schätzen sie am meisten das Netzwerk, wo man sich gegenseitig hilft. „Und es ist eine wahnsinnig gute Möglichkeit, sichtbar zu sein für den Gast“.

www.kaiserhof.at

Und das ist vermutlich eines der Hauptkriterien: Der Gast weiß, was er bekommt und er weiß, dass es gut ist.

www.wirtshauskultur.at

Werbung
Vorheriger Artikel

Aktuell

Im Trend
Die Top 5 des Tages

GASTRO-NEWSLETTER

Um über die neuesten Nachrichten, Angebote und Sonderankündigungen auf dem Laufenden zu bleiben.








Cover Storys