Am 13. Dezember trat die EU-Lebensmittelinformationsverordnung (LMIV) in Kraft, die eine Kennzeichnung von Allergenen bei sogenannter „loser Ware“ vorsieht (GASTRO Portal berichtete). Darunter fallen auch Gerichte, die in der Gastronomie verabreicht werden. Fix ist: Die Gäste müssen umfassend über jene Zutaten informiert werden, die Allergien oder Lebensmittelunverträglichkeiten auslösen können. Für die Informationsweitergabe können Gastronome verschiedene Wege wählen: Entweder werden Mitarbeiter dahingehend geschult, dass sie auf kompetente Weise mündlich Auskunft erteilen können. Oder sie können die Gäste schriftlich informieren – auf Aushängen oder in der Speisekarte.
Benedikt Zangerle war 30 Jahre lang als Koch bzw. Küchenchef mit internationaler Erfahrung tätig, davon 18 Jahre lang als selbstständiger Gastronom. Mit seinem Unternehmen Küchen-Consulting mit Sitz in Bad Leonfelden berät er Unternehmer aus der Gastronomie u. a. auch zu den Themen Allergenauszeichnung und Küchenmanagement.
GASTRO Portal sprach mit dem Experten über die Vor- und Nachteile der unterschiedlichen Informationsweitergabe, die Notwendigkeit von standardisierten Rezepten sowie die Chancen, die die neue Verordnung mit sich bringt.
GASTRO Portal: Wo sehen Sie Vor- und Nachteile in der schriftlichen bzw. mündlichen Allergeninformation?
Benedikt Zangerle: Ich bin grundsätzlich gegen die mündliche Auszeichung. Im Hintergrund muss eine schriftliche Dokumentation geführt werden, also warum diese nicht gleich dazu heranziehen, dem Gast Sicherheit zu geben. Wechselndes Personal, die Komplexität der Sache im Allgemeinen, die Herausforderung der deutschen Sprache, der Zeitdruck – es spricht viel für und wenig gegen die schriftliche Auszeichnung, auch eine Zusatzkarte ist eine gute Möglichkeit. Bei Büffets kommt man um eine schriftliche Auszeichung sowieso nicht herum.
Sie bieten Consulting bei der Allergenkennzeichnung in drei Schritten. Wie läuft diese Beratung ab?
Schritt eins: Ich, Benedikt Zangerle, kuechen-consulting.at, prüfe das gesamte Angebot nach Umfang und Art der verabreichten Speisen. Es macht einen großen Unterschied, ob vorwiegend frisch gekocht wird oder Convenience-Produkte zum Einsatz kommen. Im ersten Schritt muss auch entschieden werden, ob es reicht, das Angebot „von Hand“ zu dokumentieren, oder ob EDV eingesetzt werden soll bzw. muss. Im zweiten Schritt wird das gesamte Angebot rezeptiert und dokumentiert. Dies ist keine leichte und schnell zu erledigende Aufgabe. Alleine die Grundrezepte – Suppen, Saucen, Dressings etc. – sind zeitaufwändig, müssen stimmen und in weiterer Folge auch eingehalten werden. Sie sind die Basis für die weitere Dokumentation. Ist die Rezeptierung vollumfänglich gemacht, gilt es auch, den Einkauf bzw. die eingekauften Produkte zu evaluieren und den Einkauf zu standardisieren. Dann gilt es, die Mitarbeiter in Küche und Service zu schulen. Was ist ist der Unterschied zwischen Allergie und Nahrungsmittelunverträglichkeit? Wie vermeide ich Kreuzkontaminationen, wie organisiere ich Lager und Kühlräume, um Verwechslungen und Kreuzkontaminationen zu verhindern? Was kann ich tun, damit sich der Arbeitsaufwand in Zukunft in Grenzen hält etc. Schritt drei umfasst die Auszeichnung in Karte und Angebot. Speziell bei schnell drehenden Angeboten, Büffets, Caterings, ist das eine Herausforderung. Hier gibt es verschiedene Möglichkeiten.
Die Allergenkennzeichnung sollte nicht als lästige Pflicht aufgefasst werden, sondern bietet die Möglichkeit, sich von der Konkurrenz abzugrenzen. Wie kann das idealerweise funktionieren?
Ein Betrieb mit gesetzeskonformer Auszeichnung kann beispielsweise eine Zielgruppe definieren, Beispiele gibt es schon seit einigen Jahren. Die häufigste Nahrungsmittelunverträglichkeit ist Laktose, hier kann ohne großen Aufwand das gesamte Angebot laktosefrei angeboten werden – hier ist die Fantasie gefragt!
Wie schwierig ist es in der Praxis tatsächlich, sich an eine fixe Rezeptierung zu halten?
Hier wird ein ganz sensibles Thema angesprochen: Es geht bei der Allergen-Dokumentation in erster Linie um die verarbeiteten Lebensmittel, weniger um Mengenangaben. Aber: Die genaue Rezeptierung bietet viele Vorteile – die Sicherstellung der Betriebsstandards und Qualitätssicherung bei Mitarbeiterwechseln, die Möglichkeit zu genauerer Waren- und Speisenkalkulation, verbessertes Controlling, Kostenwahrheit in der Küche, die Verminderung von Überproduktion und Schwund, etc. Ich kann auch das Argument vieler Köche nicht verstehen, dass die Kreativität eingeschränkt wird – bei Umbestellungen und Änderungen wird auch in Zukunft die mündliche Information und die Kompetenz der gut geschulten Mitarbeiter gefragt sein.
Wie kann konkret EDV bei der Allergenkennzeichnung Gastronomen unterstützen?
Ich bin ein Befürworter der EDV-Lösung, da sie die Möglichkeit bietet, das gesamte oben angesprochene Anforderungsprofil mit einem Schlag zu lösen. Einkaufsoptimierung, Rechnungskontrolle, Lagerwirtschaft, Kalkulation just in time, Veranstaltungskalkulation, Rezepturen, die Auszeichnungspflicht für Allergene und Zusatzstoffe, Einbindung in Kassensysteme etc. Hier bietet sich die Chance, über die Auszeichnungspflicht einen Mehrwert zu generieren, nach dem Motto: „Wenn ich das schon machen muss, dann nütze ich es zu meinem Vorteil!“
Detaillierte Informationen zur Kennzeichnungspflicht sind auch unter www.wko.at zu finden.