Bei der Nachwuchs-Frage prallen derzeit zwei Generationen aufeinander, die von ihren Werten her ziemlich weit auseinanderliegen. Das wirft auch Probleme in der Aus- und Weiterbildung auf.
Arbeitswelten neu denken“ lautete der Titel des diesjährigen ÖHVKongreses, der Anfang Mai in der Wiener Hofburg über die Bühne ging. Hauptthema dabei wenig überraschend die Frage, wie man den Nachwuchs für die Branche begeistern bzw. wie man ihn überhaupt erreichen kann. Denn Tatsache ist: Die aktuelle Jugend, die Generation Z (* 1994 – 2010) tickt völlig anders als die Babyboomer (* 1950 – 1964) oder die Generation X (* 1965 – 1979), die derzeit in den Unternehmen das Sagen haben. Das beginnt schon bei der Prioritätensetzung: Während für „die Alten“ eine 50 oder 60-Stunden-Woche vor allem in Zeiten des Aufbaues oder in der Hochsaison eher die Regel als die Ausnahme war und der Job im Leben oft an erster Stelle gestanden ist, setzt die heutige Jugend Privatleben, Familie und Freizeit ganz oben auf die Prioritätenliste, erklärte etwa Prof. Antje-Britta Mörstedt von der privaten Hochschule Göttingen. Und die Gen. Z will anders behandelt werden.
Jugend ohne Biss?
„Lehrjahre sind keine Herrenjahre?“ Falscher Ansatz – jedenfalls wenn man einen 20-Jährigen für das Gastgewerbe begeistern möchte. Kommunikation auf Augenhöhe wird erwartet, dazu eine kollegiale Arbeitsatmosphäre, einen Ausbildner, zu dem man auch mit privaten Problemen kommen kann und Wertschätzung. „Die Generation Z will gelobt werden – und sei es nur, weil ein Dokument richtig gescannt wurde“, so Mörstedt. Und sie brauchen Argumente, warum sie bei einem Betrieb arbeiten sollen – der Unternehmer bewirbt sich also beim potentiellen Arbeitnehmer und nicht mehr umgekehrt. Und das tut er am besten auf den einschlägigen Social Media-Kanälen wie Instagram, TikTok & Co. – also dort, wo sich die Zielgruppe den Großteil des Tages ohnehin aufhält. Noch eine Erkenntnis hat Mörstedt dabei aus tausenden Interviews mit Jugendlichen bzw. jungen Erwachsenen gewonnen: Gerade im Alter von 16 – 20 hätten viele junge Leute keine eigenen Pläne für ihr weiteres Leben, würden aber den Eltern diesbezüglich sehr vertrauen – mehr sogar als den Peergroups. Wenn man also die Eltern ins Boot holen könne, sei das schon die halbe Miete. „Daher immer an Mutti denken“, rät Mörstedt.
Nur wenige wollen der Branche den Rücken kehren
Relativ gute Nachrichten gibt es indes von der Praxisfront: Mag. Jürgen Kürner, Direktor der Tourismusschulen Semmering und ÖHV-Generalsekretär Dr. Markus Gratzer präsentierten eine Studie, bei der rund 1500 Tourismusschüler aus ganz Österreich über ihre Erfahrungen in der Ferialpraxis befragt worden waren. Und immerhin antworteten 25 Prozent auf die Frage, ob sie im Tourismus bleiben wollen, mit „auf jeden Fall“ und 44 Prozent waren noch unsicher. 15 Prozent „hatten nie vor“ länger in der Branche zu bleiben und nur 16 Prozent waren nach der Praxis so desillusioniert, dass ihre Antwort „auf keinen Fall“ lautete. „Wir haben es jedenfalls in der Hand, das Feuer weiterzugeben und die Jugend zu begeistern“, bekräftigte Kürner. Dem schloss sich auch Alexandra Hackl, Leiterin der wirtschaftlichen Bildung der Tourismusschulen MODUL an: „Es geht um das Geschichtenerzählen! Wir brauchen Lehrer oder andere Leute aus der Branche, die dem Nachwuchs aus eigener Erfahrung die Freude an der Branche vermitteln können“, erklärte sie bei einer Podiumsdiskussion zur Frage, wie man die Jugend für den Tourismus begeistern könne. Mag. Jubin Honarfar von der Video- Karriereplattform „watchado“ bestätigte die Einschätzung von Vorrednerin Antje-Britta Mörstedt, wonach man die Eltern gewinnen müsse, wenn man die Jugend erreichen wolle: „Wenn die Eltern sagen, der Nachwuchs soll nicht ins Gastgewerbe gehen, sondern ,was Ordentliches lernen‘ und studieren, werden wir uns schwertun.“
„Müssen versprochene Qualität auch einhalten“
Dass es indes nach wie vor Probleme während der Ausbildung gäbe, bestätigte schließlich Gerold Royda, Ausbildungsleiter der Fachverbände Hotellerie und Gastronomie in der Wirtschaftskammer: „Wenn es uns nicht gelingt, die Qualität, die wir immer versprechen, auch einzuhalten, brauchen wir uns über die Abgänge nicht zu wundern.“ So kritisierte er auch, dass ein einmal verliehener Feststellungsbescheid, der einen Betrieb zur Ausbildung von Lehrlingen befähige, praktisch unbegrenzt gültig bleibe, „auch wenn der Besitzer inzwischen aus dem klassischen Beisl eine mexikanische Taco-Bar gemacht hat. Aber wie soll der dann einen Kochlehrling ausbilden?“ Zumal auch bei den Ausbildungsmöglichkeiten manches modernisiert gehöre: „Viele Junge finden z.B. die Arbeit als Barkeeper cool. Aber eine eigene Berufsausbildung dafür gibt es bis heute nicht.“