Wanderschuhe an, Rucksack auf den Rücken, Wanderstöcke in die Hände und los kann´s gehen. Gerade in den letzten zwei Jahren haben viele Menschen das Wandern für sich entdeckt und tanken regelmäßig in der Natur ihre Energiereserven auf. Das Einkehren in Almhütten ist dabei ein Muss für viele Wanderer.
Einfach mal abschalten können, fernab von Menschenmassen und Verkehr die frische Luft sowie atemberaubende Panoramablicke genießen und entlang der saftig blühenden Almwiesen die Natur bestaunen. Jetzt im Frühling erwacht die Natur wieder und bringt nach den Wintermonaten die bunte Pflanzenvielfalt zum Vorschein. Wanderwege, welche in den letzten Monaten mit Schnee bedeckt waren, sind wieder begehbar und so manche Hütte, die im Winter geschlossen hatte, ist nun wieder ein willkommenes Plätzchen, um eine Pause einzulegen oder sogar zu übernachten. Wer einmal das echte Bergleben erkundet und erlebt hat, der weiss es zu schätzen. Auf den Bergen scheinen die Uhren noch anders zu ticken, irgendwie langsamer. Und das ist gut so, denn diese Entschleunigung öffnet den Blick für neue Dinge. Das kann das Beobachten der zufriedenen Kühe auf der Weide sein oder das Bestaunen der artenreichen Blumenwiese. Auch die Kulinarik ist eine andere: echt, authentisch und unglaublich gut. Denn während im Tal „low carb“ und „Haute Cuisine“ Themen sind, mit denen man sich beschäftigt, fragt man sich in den Almhütten wohl eher, warum das warme Bauernbrot mit frischer Rohmilch- Butter und einem Stück Alpkäse, der direkt vor Ort hergestellt wird, so unglaublich köstlich schmecken. Auch wenn es um das Übernachten geht, haben Gäste hoch oben ganz andere Bedürfnisse, als im Tal. Es muss nicht das Luxus-Chalet sein, den Flachbildfernseher vermisst in den Hütten niemand und der flauschig-weiche Bademantel ist auch überflüssig. Vielmehr ist das Übernachten in einer Berghütte ein Gesamterlebnis: die bodenständige Jause nach einem aktiven Tag, das Glas Schnapserl auf der Terrasse und das Erleben der Natur ohne Schnickschnack. Da rückt der Liegekomfort auf den Matratzen in den Hintergrund und auch die Tatsache, dass es nur ein Badezimmer für mehrere Gäste gibt, ist nebensächlich. Damit der Bergtourismus überhaupt auf diese Art möglich ist, braucht es motivierte Hüttenwirte, deren Arbeit mit großen Anstrengungen und so manchen Hindernissen verbunden ist. Denn was vielleicht so einfach aussieht, ist mit viel Schweiss verbunden.
Organisation ist alles
Almhütten und Berggasthäuser benötigen während der Saison (je nach Größe und Gästefrequenz) etliche Tonnen Lebensmittel und sonstige Materialien. Damit genügend Vorräte da sind, müssen die Wirte und Betreiber im Vorfeld eine gute Planung und exakte Kalkulation vornehmen. Sie müssen sich mit einem Grundbestand an Lebensmitteln aber auch Heizmaterial und sonstigen Non-Food Produkten wie etwa Toilettenpapier, Putzmittel oder Erst- Hilfe-Material versorgen – sie müssen die Hütten quasi eindecken. Gewürze und Trockenware werden bereits am Beginn der jeweiligen Saison in großen Mengen eingelagert, da sich diese gut (trocken) gelagert über mehrere Monate hinweg aufbewahren lassen. Mit den verderblichen Produkten wird es schon schwieriger, denn nicht alles lässt sich einfrieren oder anders haltbar machen. Um diese dennoch ans Ziel zu bringen und Hütten auch während der Saison zu versorgen, werden verschiedenste Transportmittel zur Beförderung eingesetzt. In der schneefreien Jahreszeit gestaltet sich der Transport vom Tal in die Hütten etwas einfacher als auf schneebedeckten Wegen. Mit Autos, Geländefahrzeugen oder auch Unimogs und Einachsern werden die Hütten beliefert, ein geländetaugliches Fahrzeug kann schonmal mit bis zu 1.000 Kilogramm beladen werden (was natürlich je nach Modell variiert). Kleinere Lieferungen werden sogar mancherorts mit dem Geländemotorrad auf den Berg gebracht. Zig Tonnen Material und Lebensmittel werden über das Jahr gesehen mit Gondeln transportiert. Im ganzen Land freuen sich nicht nur Gäste über die schnelle Möglichkeit auf den Berg zu kommen, sondern auch Gastwirte, die ihren Waren-Nachschub so bekommen. LKWs bringen die Waren bis zur Talstation, von hier aus geht es dann über Baumkronen hinweg bergauf mit den Gondeln.
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Zu Fuß oder per Helikopter
Und dann gibt es noch Hütten (oftmals Schutzhütten), die so hoch und/ oder abgelegen liegen, dass nicht mal der Bau einer Materialseilbahn möglich ist. Da hilft dann nur noch die Belieferung aus der Luft mit dem Hubschrauber. Der Transport ist, wie man sich denken kann, alles andere als billig (und meistens auch nicht ganz einfach durchzuführen). Je nach Größe der Maschine kann eine Flugminute mit dem Lasten-Helikopter zwischen 30 und 35 Euro kosten. Normalerweise schließen sich benachbarte Hüttenwirte zusammen, damit ein gemeinsamer Transport organisiert werden kann und die Kosten somit etwas geringer für jeden einzelnen ausfallen. Alleine die Kosten für den Warentransport können je nach Lage und Erreichbarkeit der Destination zwischen 8.000 und 13.000 Euro oder mehr im Jahr liegen. Deutlich günstiger fällt da der Transport mit Pferden oder Eseln aus. Der praktische Aspekt ist hier jedoch nicht ausschlaggebend, vielmehr die Passion des Hüttenwirts für diese Tiere und den Transport mit ihnen. Je nach Rasse kann ein Maultier oder Pferd mit 10 bis 15 Prozent seines Körpergewichtes beladen werden. Ebenfalls ist der Materialtransport zu Fuß selten geworden, auch wenn vereinzelt noch kleinere Mengen mühsam auf diese Weise von A nach B geliefert werden. Was natürlich auch nicht außer Acht gelassen werden darf, ist der Abtransport von Müll. Denn überall wo Menschen sind, da fällt auch Abfall an und dieser muss dementsprechend entsorgt werden. Betreiber von Berggasthäusern, Hütten und Almen sind nicht nur aus Rücksicht der Natur gegenüber auf Müllvermeidung bedacht, sondern auch aufgrund der Logistik. Das Mülltrennen und dessen Abtransport kann aufwändig und teuer werden.
Die Natur im Fokus
Viele Hüttenwirte möchten ganz bewusst einen Gang zurückschrauben und die Natur nicht verfälschen. Zurück zu den Wurzeln und das Leben im Einklang mit der Natur sind nicht nur Worte, sondern es wird danach gelebt. Die Gastgeber, die nicht selten auf eine langjährige touristische/gastronomische Karriere zurückblicken können, stecken ihr ganzes Herzblut in die Bewirtung der Hütten hinein und sind mit voller Leidenschaft dabei. Und die Menschen schätzen das, besonders seitdem der regionale Aspekt und somit auch die Sensibilität gegenüber regionalen Produkten verstärkt in den Fokus gerückt ist. Nachhaltige Bauweise, die Verwendung lokaler Produkte und auch der respektvolle Umgang mit der Natur machen den Hüttentourismus aus.
Aus der GASTRO 4/22
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