Convenience ist in der Branche ein gewissen Reizthema. Manche Köche distanzieren sich von der Verwendung solcher Produkte schneller, als man die Frage danach stellen kann. „Germknödel, Tiefkühlpizza, Dosensuppe“ lautet das Trio infernal, das viele vor Augen haben, wenn sie an das Thema denken. Doch das ist natürlich nur die halbe Wahrheit. Tatsächlich muss unterschieden werden zwischen Voll- und Teilconvenience, also zwischen Produkten, die tatsächlich fix-fertig sind und nur noch am Herd oder in der Mikrowelle erhitzt werden müssen und solchen, bei denen nur eine Basis zur Verfügung gestellt wird, die weiterverarbeitet werden muss. Hier werden bloß einzelne Arbeitsschritte eingespart. Geschälte und vorgeschnittene Zwiebel, wie sie etwa in Großküchen gerne verwendet werden, zählen ebenso zu dieser Gruppe wie ein Blätterteig aus dem Kühlregal, den heute nur noch die wenigsten Betriebe selbst herstellen. Und auch Pommes frites werden wohl nur in den seltensten Fällen handgeschnitten.
Für den Salzburger Haubenkoch Didi Maier ist es beim Thema Convenience wichtig, als Gastronom selbst die Initiative zu ergreifen, sprich nicht auf Angebote der großen C&C Märkte zu warten, sondern sich selbst Partner zu suchen und zu Produzenten zu fahren, die die benötigten Produkte herstellen. „Natürlich muss man für individuell angefertigte Convenience auch eine Mindestabnahmemenge garantieren und man braucht selbst die entsprechenden Lager- bzw. Kühlmöglichkeiten“, so Maier im Gespräch mit GASTRO. Generell geht für den Top-Koch der Trend in Richtung Teilconvenience, die jeder Koch dann nach eigenem Geschmack aufpeppen könne. So könne man sich etwa Gemüse nach eigenen Vorgaben putzen und schneiden lassen. „Mit der vorbereiteten Karotte kann ich dann in kürzester Zeit ein individuelles Gericht zubereiten – auch das ist Convenience. So arbeiten auch Italiener oder Asiaten gerne.“
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Gefahr der Vergleichbarkeit
Vorteile von Convenience sind laut Maier die gleichbleibende Qualität, leichtere Kalkulierbarkeit und die Zeitersparnis bei der Zubereitung – wobei man laut Maier gerade in dem Punkt durch geschickte Zeiteinteilung auch Manches selbst erledigen könne, was sonst von der Industrie zugekauft werden muss: „In Zeiten, in denen weniger zu tun ist, kann ich etwa ein Curry selbst produzieren und portionsweise einfrieren. Dann habe ich wenn der Laden später brummt quasi meine eigene Convenience produziert.“ Als Nachteile beim Arbeiten mit (Voll-) Convenienceprodukten sieht er hingegen die leichtere Vergleichbarkeit. „Wenn ich so ein Gericht anbiete und zehn andere Wirte in meiner Umgebung machen das auch, dann merkt das der Gast natürlich. Daher ist es wichtig, dass ich beim Händler nachfrage, wen in meiner Umgebung man noch mit den gleichen Produkten beliefert. Egal, ob das jetzt ein spezielles Burgerbrot oder ein Gemüsesalat ist.“
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BIO wird immer wichtiger
Einer der großen Player auf dem heimischen Conveniencemarkt ist die Vivatis Holding AG, die mit ihren Marken wie Wojnar, Inzersdorfer, Toni Kaiser, Bauernland oder Karnerta in den ersten drei Quartalen einen Umsatz von rund 260 Mio. Euro erwirtschaften konnte. „Den wichtigsten Trend, den ich quer über alle Convenience-Arten erkennen kann, ist der hohe Qualitätsaspekt, der sie alle eint. Auch BIO spielt hier eine immer größere Rolle. Es gibt laufend Produktinnovationen, die in den Markt drängen, neue und verbesserte Rezepturen sowohl im Snack-Segment als auch bei fertigen Gerichten. Unsere Unternehmen entwickeln in eigens dafür eingerichteten Abteilungen unter Berücksichtigung aktueller Trends neue Variationen bekannter Produkte. Die Tendenz zu weniger Fleisch ist dabei sehr deutlich spürbar. Daher werden die vegetarischen und veganen Varianten immer mehr“, weiß der Vivatis-Vorstandsvorsitzende Mag. Gerald Hackl. Der Einsatz von Convenience-Produkten in der Gastronomie hat für ihn – wenig überraschend – multiple Vorteile: „Angesichts von Fachkräftemangel und gesetzlichen Hygiene-Anforderungen aber auch aus Gründen der Effizienz und Wirtschaftlichkeit greifen Betriebe gerne auf Convenience-Produkte zurück. Und der Gast profitiert letztens Endes von der garantierten und nachweisbaren Qualität. Diese sehr hohe Qualität der Speisen, die sehr frisch und unter strengsten Auflagen zubereitet werden, spricht definitiv für Convenience-Produkte. Und das schätzen unsere Kunden sehr. In vielen gastronomischen Einrichtungen wäre eine Aufrechterhaltung des Betriebes ohne den Einsatz von Convenience nicht vorstellbar.“ Dadurch, dass zeit- und arbeitsaufwendige Vorbereitungen entfielen, bliebe mehr Zeit für die eigene Kreativität des Kochs. Bei sehr großen Veranstaltungen ermögliche es Convenience zudem, Spitzen abzufangen und somit für reibungslose Abläufe zu sorgen.
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Image wird allmählich besser
Auch das nach wie vor nicht ganz problemlose Image von Convenienceprodukten sieht Hackl im Steigen begriffen. Aufgrund des immer breiter werdenden Produktportfolios– auch im vegetarischen und veganen Bereich, steigender Qualität und der vermehrten Berücksichtigung ernährungsphysiologischer Aspekte bessere sich nach seiner Ansicht das Image von Convenienceprodukten kontinuierlich. Dazu trage auch die Individualisierung der Produkte bei. Hackl: „Unser Ziel ist es, bestmöglich auf die unterschiedlichen Bedürfnisse und Wünsche unserer Kunden einzugehen. So können wir den Abnehmern in vielen Bereichen mit flexiblen Lösungen entgegenkommen.“ Daher biete man Produkte etwa nicht nur in unterschiedlichen Variationen, sondern auch in individuellen Verpackungseinheiten, diversen Convenience-Graden und Zubereitungsarten an. Der Apfelstrudel von Weinbergmaier sei somit in verschiedenen Größen, portioniert oder im Ganzen, gebacken oder ungebacken und für den Kombi-Dämpfer oder die Mikrowelle erhältlich.
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Fast jeder Zweite tut‘s
Wie die Praxis wirklich aussieht, wie es heimische Gastronomie- und Hotelleriebetriebe tatsächlich mit dem Thema Convenience halten, hat vor kurzem das Handelshaus Wedl in einer österreichweiten Studie erhoben. Hier sieht man, dass die Berührungsängste mit Convenienceprodukten in der Realität bei weitem nicht so groß sind, wie manche vielleicht nach außen hin kommunizieren. Immerhin 43 % der Befragten – vom einfachen Beisl bis zum Haubenrestaurant, vom Gasthof bis zum Luxushotel – greifen demnach gelegentlich bis regelmäßig auf irgendeine Form von Convenience-Produkten zurück. Dabei dienen sie in der Hälfte der Betriebe als Basis für ein Gericht oder werden nach der vorgegebenen Zubereitungsart noch zusätzlich verfeinert. Zubereitet und direkt serviert werden Convenience- Produkte hingegen – wenig überraschend – häufiger in einfachen Betrieben (34 %) als in gehobenen (20 %). Über alle Warengruppen hinweg ist der Bearbeitungsgrad „küchenfertig“, also zugeputzt oder zerlegt, mit Abstand am relevantesten. Insbesondere bei Obst und Gemüse sowie bei Desserts und Süßwaren spielt diese Art der Verarbeitung für gehobene Betriebe eine größere Rolle. In der Mehrzahl würden Convenience-Produkte also weiterverarbeitet, die Kreativität in den Küchen ginge nicht verloren. Auch wenn aktuell die Nachfrage nach Convenience-Endstufenprodukten steige.
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Mehr Convenience durch Fachkräftemangel
Die häufigsten Gründe für die Verwendung von Convenienceprodukten sind Haltbarkeit und Zeitersparnis gefolgt von gleichbleibender Qualität, Kosten und Nachhaltigkeit. Zur gestiegenen Nachfrage nach Convenienceprodukten hat nach Angaben der Befragten auch die Corona-Pandemie beigetragen, die den bereits bestehenden Fachkräftemangel weiter verschärft habe. „Fehlendes Personal setzt das bestehende Küchenteam enorm unter Druck. Umso besser, wenn zeitlich aufwändige Aufgaben übersprungen werden können und die Lebensmittel bereits geschält und geschnitten sind“, meint Lorenz Wedl. Insgesamt attestiert Lorenz Wedl der Lebensmittelindustrie massive Qualitätssprünge bei Convenienceprodukten in den letzten Jahren und auch die Einsatzmöglichkeiten hätten sich erhöht. „Lange galt Convenience als verpönt und wurde mit schlechter Qualität assoziiert“, so Lorenz Wedl. „Doch die Entwicklungen der letzten Jahre zeigen, dass der Stellenwert und Einsatz von qualitativ hochwertigen Convenience-Produkten in der heimischen Gastronomie und Hotellerie deutlich zugenommen hat.“