Im Moment befindet sich Fleisch thematisch in einem starken Spannungsfeld. Unterschiedliche Standpunkte zur Tierhaltung und vor allem, ob und wieviel Fleisch der Mensch essen darf, werden heftig diskutiert.
Auf der einen Seite stehen die Vegetarier oder auch Veganer, die Fleischgenuss komplett ablehnen, auf der anderen Landwirte und Konsumenten, die nicht auf ihre tägliche Fleischportion verzichten wollen. Doch so extrem beide Standpunkte sind, in der Mitte steht die Mehrheit, die weiterhin gerne Fleisch, wenn auch moderat, genießen möchte.
Wie zu Omas Zeiten
Früher war nicht alles besser. Man denke nur an die Anbindehaltung in den Rinderställen, in denen die Tiere zwar wertgeschätzt wurden, aber trotzdem ihr Leben lang nie auf der Weide standen. Aber mit Lebensmitteln wurde sorgsamer umgegangen. Man verschwendete nicht so viel, da möglichst alle Teilstücke vom Tier genutzt wurden.
Die Nose-to-tail-Bewegung ist keine Erfindung der Neuzeit, denn Rezepte für paniertes Kuheuter, ein klassisches Beuschl oder Suppenhühner gibt es schon lange.
Generell wurde weniger Fleisch gegessen und es kam nicht mehrmals in der Woche auf den Tisch. Den klassischen Sonntagsbraten konnte man sich gar nicht jeden Tag leisten, denn trotz aller Preiserhöhungen für Lebensmittel im Moment, Fleisch ist heute im Vergleich sehr billig. Heute liegt der Fleischkonsum in Österreich bei etwa 60 Kilogramm pro Jahr und Person, das meiste davon stammt aus konventioneller Tierhaltung. Vor allem in der Gastronomie wird Biofleisch nur selten serviert.
Schmeckt bio besser?
Jeder weiß, wie gut hochwertiges Fleisch schmecken kann, zart, saftig und aromatisch. Auch wenn mich jemand fragt, ob bio besser schmeckt, würde ich sofort mit ja antworten. Doch ganz so eindeutig lässt sich die Frage leider nicht beantworten. Wird das Tier artgerecht gefüttert, hat genügend Bewegung und Auslauf und wird langsam gemästet, so kann man mit einer guten Fleischqualität rechnen, Egal, ob bio oder nicht. Den entscheidenden Einfluss auf den Geschmack hat aber weniger die Haltungsform als die stressfreie Schlachtung, die lange Fleischreifung und die Tierrasse. Den größten Einfluss hat die Rasse des Tieres und hier sind es vor allem alte Haustierrassen. Sie sind nicht auf schnelles Wachstum gezüchtet, sondern auf Robustheit und Geschmack.
Sie enthalten meist mehr Fett und das schmeckt man eben. Passt der Fettgehalt, dann stimmt auch das Aroma, denn bei niedrigerem Fettgehalt schmeckt das Fleisch neutraler und auch trockener. Dieses Fett ist bei Freilandtieren auch gesund, denn es enthält mehr ungesättigte Fettsäuren, die unser Herz-Kreislaufsystem schützen, als aus reiner Stallhaltung. Spezielle oder alte Rassen wie Mangalitza, Schwäbisch Hällische Landschweine oder auch Galloways sind für die gute Fleischqualität bekannt. Sie werden bevorzugt in Biobetrieben gezüchtet und gehalten und daher schmeckt Biofleisch meist besser, weil auch die Rasse stimmt.
Qualität statt Quantität
Wer Fleisch von alten Rassen öfter kauft, weiß, was er am Teller hat. Dieses Fleisch schmeckt und riecht aromatischer. Jedoch sind durch das langsamere Wachstum die typischen Edelteile des Tieres meist kleiner, andere Muskeln, die das Tier im Freiland mehr nutzen muss als im Stall, sind dafür stärker ausgeprägt. Liebhaber der Topgastronomie oder eingefleischte Mitglieder der Grillszene nutzen auch weniger bekannte Teilstücke und zaubern daraus erstklassige Gerichte.
Doch der Konsument von heute, der im Supermarkt grüne oder rote Äpfel kauft, aber die Sorte nicht kennt und sich auch nicht dafür interessiert, weiß um die Kocheigenschaften bestimmter Teilstücke nicht mehr Bescheid. Beim Fleischkauf steht vielmehr die Kocheigenschaft im Vordergrund, weniger das Teilstück. Fleisch zum Braten oder Kochen, für Gulasch oder für Schnitzel, dieses Wissen reicht. Auch wenn die Bezeichnung der Teilstücke in jedem Bundesland anders ist, so ist es schade, wenn das Wissen um die Vorzüge von Gab, Nierenstück oder Fledermaus verloren geht. Gerade von langsam gewachsenen Tieren oder gar von alten Rassen oder seltenen Kreuzungen sind sie ein echter Genuss.
Zeit bringt Geschmack
Erst durch die optimale Fleischreifung entwickelt sich das volle Aroma. Doch leider ist die Zeit dafür heute meist viel zu kurz. Rindfleisch sollte mindestens neun Tage reifen, je nach Fleischstück, Geschlecht und Alter des Tieres können aber auch mehrere Wochen üblich sein, ansonsten ist es zäh. Während des sogenannten Abhängens, also der Fleischreifung, laufen biochemische Prozesse ab, die das Fleisch mürbe und geschmackvoll machen. Doch mit dem Reifen geht auch Wasser verloren, somit kann dadurch das Fleisch, zum Beispiel bei dry-aged Rindfleisch, bis zu 40 Prozent an Gewicht verlieren. Doch bezahlt wird Fleisch nach Gewicht, das ist auch der Grund, warum es weniger lange abgehangen wird als früher. Ist Bio-Rindfleisch zu wenig gereift, so kann auch dieses zäh und geschmacklos sein.
Alles hat seinen Preis
Wenn es ums Tierwohl geht, dann schneidet bio meist besser ab. Aber auch in konventionellen Betrieben mit viel Auslauf und Weidehaltung wird darauf besonders geachtet. Man kann also nicht immer behaupten, dass es den Tieren mit bio automatisch besser geht. Die gesetzlichen Rahmenbedingungen sind natürlich strenger, aber es geht nicht immer nur um die Gesetze. Landwirte aus Leidenschaft machen weit mehr als nötig und das ist auch gut so und dann macht es keinen Unterschied, ob bio oder konventionell. Meist ist der Preis ein guter Indikator für Tierwohl. Billig erzeugtes Fleisch ist billig zu haben, hochwertiges Fleisch, bei dem die Tiere ein gutes Leben hatten, hat seinen Preis, unabhängig von der Haltungsform.
Am besten genießt man Fleisch aus der Region, wenn möglich aus artgerechter Freilandhaltung, bio und natürlich gut gereift. Das hat seinen Preis. Dafür kommt aber Fleisch seltener auf den Tisch. So profitieren alle, Fleischgenießer, Landwirte und die Umwelt.