Das Thema Nachhaltigkeit im Lebensmittelbereich erfasst nun auch verstärkt die Gastronomie. Um Vorzeigeprojekte für eine nachhaltige Gastronomie zu schaffen, bringt die österreichische Umweltschutzorganisation GLOBAL 2000 mit der Initiative „Schenk mir dein Problem!“ fünf Wiener Gastronomie-Betriebe – Kolariks Luftburg, Das Augustin, Deli Bluem, Dellago und Patara – mit Nachhaltigkeits-Experten und rund 20 motivierten Studierenden zusammen.
Gemeinsam wird bis zum Sommer daran gearbeitet, Lösungen für die kleineren und größeren Umweltthemen des Tagesgeschäfts zu finden und Best-Practice-Beispiele für den „Green Gastro“-Bereich zu schaffen. Diese werden dann auch der gesamten Branche zur Verfügung gestellt. Unterstützt wird das Projekt vom Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft.
Wichtig für den Einkauf: Saison, Region und Bioqualität
Bernhard Wohner, Nachhaltigkeits-Experte bei GLOBAL 2000, stellt fest: „Allein im Bereich Lebensmittelverschwendung kann viel getan werden: 200.000 Tonnen Lebensmittel jährlich werden in Österreichs Großküchen, Gastronomie- und Beherbungsbetrieben weggeworfen. Die Produktion dieser Lebensmittel benötigt eine Fläche von 43.000 Hektar, dies entspricht zirka der Fläche Wiens. Neben der Reduktion von Lebensmittelabfällen sind die Einkaufspolitik, die Bewusstseinsbildung und die Energieperformance wichtige Aspekte auf dem Weg zum nachhaltigeren Gastronomiebetrieb“.
Im Einkauf liegen die großen Potenziale im Bereich Saisonalität, Regionalität und Bioqualität der Produkte, die signifikante Einsparungen an CO2-Emissionen bringen können. „95 Prozent der gesamten Ökobilanz eines Betriebs wird durch die Produktion der eingekauften und verwendeten Lebensmittel verursacht“, so Wohner. So bietet eine Erhöhung der fleischlosen Alternativen enorme ökologische Vorteile in Bezug auf CO2-Emissionen, den Wasserverbrauch sowie die Landnutzung.
Die restlichen fünf Prozent setzen sich aus betriebsunterstützenden Faktoren zusammen, wie der Verringerung von Wegwerfprodukten, dem Bezug von Ökostrom oder der Verbesserung der Energieperformance generell. Das bedeutet: bewusstes Abschalten von Geräten, wenn sie nicht in Betrieb sind, die Reduktion von Leerlaufzeiten, wo es möglich ist, oder die Verwendung von energiesparsamen Geräten.
„Green Gastro“: Noch wenig Werbung mit nachhaltigen Botschaften
Wichtig dabei ist auch die Bewusstseinsbildung: Wie ausgebildet und geschult sind die Mitarbeiter bei Abfallthemen, und was ist Kunden bei ihrem Restaurant-Besuch besonders wichtig? Darauf aufbauend lassen sich Maßnahmen für beide Gruppen entwickeln, beispielsweise Kurzschulungen zu Mülltrennung für die Mitarbeiter oder relevante Information auf den Menü-Karten für die Kunden. Derzeit werben nur fünf Prozent der Wiener Restaurants – das sind laut Recherche der teilnehmenden Studierenden nicht einmal 100 der über 2.000 Restaurants – mit nachhaltigen Botschaften.
International wie auch in Österreich existieren bereits einige Zertifikate und Initiativen, die den Gedanken einer nachhaltigen Gastronomie aufgreifen. Die teilnehmenden Studierenden haben sich international besonders mit der „Sustainable Restaurant Association“, dem „Green Seal“-Zertifikat sowie der „Green Restaurant Association“ beschäftigt. National wurden das Umweltzeichen wie auch das Konzept der ÖkoEvents analysiert.
Studenten erarbeiten Maßnahmen für Betriebe
Alle Initiativen beschäftigen sich grundlegend mit den Bereichen Lebensmittel, Ressourcen, Abfall, Einkauf und Bewusstseinsbildung, im Detail gibt es jedoch wesentliche Unterschiede. „Wir werden das Best-Of der internationalen Gastro-Umweltprogramme auf die fünf ,Schenk mir dein Problem‘-Gastronomie-Betriebe umlegen“, so die Projektteilnehmerin Martina Gruber, die Agrarwissenschaft an der BOKU studiert.
Zwischen Dezember und Jänner 2015 führten die Studierenden des Projektes bereits eine Umfeldanalyse der Gastronomiebranche durch. Ab März wird die Situation in den teilnehmenden Betrieben genauer unter die Lupe genommen: Lebensmittelabfälle werden gemessen, der Einkauf untersucht und Mitarbeiter wie Kunden befragt. Aufbauend auf den bisherigen Erkenntnisse aus der Gesamtbranche und den Analyse-Ergebnissen der Betriebe werden gemeinsam mit den Gastronomen Maßnahmen, auf die Betriebe zugeschnitten, entwickelt und bis Ende Juni 2015 so weit wie möglich umgesetzt.
Am 8. Juli werden die Ergebnisse dann veröffentlicht und im Rahmen einer Abschlussveranstaltung präsentiert. „Wir freuen uns schon sehr darauf, dass wir gemeinsam mit den fünf Gastronomen konkrete und praxisorientierte Vorschläge zum Thema ,Green Gastro‘ erarbeiten und umsetzen werden“, so Projektleiter Johannes Frauscher. Und auch die Gastronomen freuen sich auf das Projekt. Catharina Priemer-Humpel, Das Augustin: „,Das Augustin‘ ist beim GLOBAL 2000-Projekt mit dabei, weil uns bewusst ist, dass gerade die Gastronomie aufgrund ihres hohen Waren- und Energieeinsatzes entscheidend zu Umweltschutz und Nachhaltigkeit beitragen kann und soll.“
Weitere Informationen: www.global2000.at