Histaminarme Ernährung in der Gastronomie

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Nicht nur Allergene, die in Lebensmitteln enthalten sind, stellen für disponierte Personen eine Unsicherheit dar, auch Histamin, das mit der Nahrung zu sich genommen wird, kann zu Beschwerden führen. GASTRO Portal sprach mit der Ernährungswissenschaftlerin Mag. Margot Fischer über den Umgang mit Histamin in der Profi-Küche, die Möglichkeiten der Gastronomie, sich auf ein histaminintolerantes Publikum einzustellen, und den idealen Speiseplan für Betroffene.

GASTRO Portal: Histamin ist eine körpereigene Substanz und zählt zu einer Gruppe von Eiweißsubstanzen, die als biogene Amine“ bezeichnet werden. Histamin wird aber auch mit der Nahrung aufgenommen. Wodurch entsteht eine Histaminintoleranz?

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Histaminarme Ernährung Gastronomie Margot Fischer Ernährungswissenschaftlerin
Mag. Margot Fischer ist Ernährungswissenschaftlerin mit jahrzehntelanger Erfahrung in der Forschung und Gastronomie.

Mag. Margot Fischer: Normalerweise wird Histamin im Körper vom Enzym Diamonoxidase abgebaut. Bei Personen mit Histaminintoleranz liegt dieses Enzym in zu geringer Konzentration oder in inaktiver Form vor. Auch Pilzinfektionen und entzündliche Darmerkrankungen können eine Histaminintoleranz auslösen. Alkohol fördert nicht nur die Histaminausschüttung, sondern hemmt überdies dessen Abbau und erhöht die Durchlässigkeit der Darmschleimhaut. Einige Medikamente (zum Beispiel Acetylcystein, Acetylsalicylsäure, Diazepam, Lorcainid, Metronidazol und Morphine) steigern entweder die Ausschüttung von Histamin oder hemmen den Abbau. Auch Schädigungen der Darmflora durch Antibiotika können zu einer Überempfindlichkeit gegen Histamin führen. 

Kann Histamin küchentechnisch zerstört werden?

Histamin kann nicht zerstört werden. Kurze Lagerung bei möglichst tiefen Temperaturen vermindert zumindest die Bildung biogener Amine.

Wie könnte sich die Gastronomie auf histaminintolerante Personen einstellen? Oder liegt es an den Betroffenen selbst, gewisse Nahrungsmittel einfach zu meiden?

Angesichts der verstärkten Thematisierung von Nahrungsmittelintoleranzen und -allergien ist die Gastronomie derzeit stark gefordert. Einige Maßnahmen lassen sich im gastronomischen Alltag durchaus umsetzen. Vor allem der Verzicht auf Fertigprodukte und lange Lagerung wäre nicht nur für Histaminintolerante erfreulich. Histaminarme (Schaum-)Weine und ein größeres Angebot an Frischkost (Rawfood) und geringfügig fermentierten Nahrungsmitteln wie Frischkäse wären eine Bereicherung. Gänzlich ungeeignet sind Gerichte mit Thunfisch aus der Konserve, besonders, wenn er stundenlang bei Zimmertemperatur oder darüber steht, wie es etwa in Pizzerien üblich ist.

Wie sieht die ideale Ernährung bzw. Diät für Betroffene aus? Ist es möglich, sich histaminfrei zu ernähren, oder lediglich histaminarm?

So gut wie alle Nahrungsmittel enthalten biogene Amine. Die Verträglichkeit ist individuell sehr unterschiedlich. Betroffene sollten lange gelagerte oder fermentierte Nahrungsmittel – vor allem alkoholhaltige – tunlichst meiden. Auch Nahrungsmittel, die zur Histaminfreisetzung führen (zum Beispiel Milch und Milchprodukte, glutenhaltiges Getreide, Tomaten, Erdbeeren, Meeresfrüchte) sind nicht empfehlenswert. Hefe wird in geringen Mengen normalerweise toleriert. Vorbeugend rate ich zu einer Ernährung, welche die Darmflora und die Darmbarriere stärkt und zugleich Entzündungen hemmt. Das kupferhaltige Enzym Diaminoxidase benötigt Magnesium und Zink sowie die Vitamine B6 und C als wichtige Co-Faktoren. Allerdings sollte das Vitamin C nicht durch Zitrusfrüchte zugeführt werden, da diese ebenfalls ein biogenes Amin enthalten. Ideal ist möglichst viel frisches Gemüse, dazu Nüsse und Samen. Obst beinhaltet zwar wertvolle Inhaltsstoffe, ist jedoch wegen des hohen Zuckergehaltes in Maßen zu genießen. Hülsenfrüchte bieten wertvolle Ballaststoffe, die zudem die Darmflora sanieren, sind allerdings für gichtanfällige Personen weniger geeignet. Übrigens führen auch emotionaler Stress und übermäßige Sonnenbäder zu einer Freisetzung von Histamin.

Mag. Margot Fischer ist Ernährungswissenschaftlerin mit jahrzehntelanger Erfahrung in Forschung und Gastronomie. Zum Thema essbare Wildpflanzen“ schrieb sie das Standardwerk „Wilde Genüsse – Enzyklopädie und Kochbuch der essbaren Wildkräuter“. Darüber hinaus verfasste sie zahlreiche Kochbücher mit kulturhistorischem Hintergrund für Erwachsene und Kinder.

Praxistipps: Häufige Auslöser von Beschwerden bei Histaminintoleranz (Quelle: Verband der Diätologen Österreichs)

  1. Käse (vor allem Hartkäse)
  2. Alkoholische Getränke (vor allem Rotwein)
  3. Schokolade
  4. Salami und Rohwürste
  5. Fisch (vor allem aus der Konserve)
  6. Nüsse
  7. Tomaten
  8. Erdbeeren
  9. Zitrusfrüchte
  10. Sauerkraut
  11. Spinat

 

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