GASTRO: Hr. Böhm, wie hoch ist denn der Marktanteil der Brau Union derzeit in Österreich? Im Vorjahr lag der ja bei etwa 58 Prozent.
Hans Böhm: Ja stimmt, wir liegen derzeit um die 60 Prozent.
Sie setzen aber weiterhin auf Wachstum, wie Sie selbst schon gesagt haben, also sollen idealerweise Marktanteil und Gewinn weiter ausgebaut werden?
Wachstum hat mehrere Komponenten. Unser Marktanteil ist ja schon sehr hoch, den zu steigern ist also nicht mein erstes Ziel. Letztlich kann man aber auch wachsen, indem man etwa weniger Rabatte gibt. Letztlich wollen wir mit der Qualität unserer Biere die Konsumenten überzeugen und nicht nur mit den Rabatten auf die Verkaufspreise. Wenn man ein besseres Produkt zu einem besseren Preis verkaufen kann, dann ist das auch Wachstum – und zwar langfristig und gesund.
Bier hat in Österreich ja ein leichtes „Nachwuchsproblem“. Wie wollen Sie denn jüngere Konsumenten künftig ansprechen?
Es ist für uns natürlich wichtig, dass auch künftige Generationen ebenso gerne Bier trinken wie die die aktuellen Bierkonsumenten. Wenn wir nicht verstehen, was die jungen Leute an Geschmack oder Inhaltsstoffen bevorzugen – also mehr oder weniger Bitterkeit oder Alkohol etwa – dann ist das schlecht. Das zu erforschen, da sind wir stark dahinter. Es reicht eben nicht zu sagen, „leicht, international und hübsch muss es sein“, dann läufts schon. Was ich hier an Österreich so schätze ist auch, dass der Jungkonsument schon auch das Traditionelle und Individuelle schätzt. Und das müssen wir berücksichtigen.
Die Brau Union hat aktuell 15 Marken, ohne Heineken. Werden alle diese Marken unter Ihrer Führung Bestand haben oder könnte die eine oder andere Marke in nächster Zeit vom Markt verschwinden?
Es stimmt schon, wir haben hier eine große Vielfalt. Jedes Mal wenn ich eine unserer Brauereien besuche, entdecke ich wieder eine neue Marke (lacht). Diese Vielfalt ist mir auch sehr wichtig. Umgekehrt gibt es wenig Vielfalt bei den Biertypen und Verpackungsvarianten. Regionalität ist in Österreich beim Bier aber sehr wichtig. Vielleicht gibt es die eine oder andere Marke, bei der wir noch nicht wissen, wie sie sich entwickelt. Ich denke etwa an Schlossgold, das als reine Marke für alkoholfreies Bier gedacht war und jetzt sehen wir, dass AF-Bier bei einer regionalen Marke vielleicht die bessere Idee ist und sich besser entwickelt. Aber es ist jetzt noch zu früh für konkrete Aussagen und es wäre auf jeden Fall jetzt zu früh, um Marken aufzulassen.
Wird also auch in Zukunft etwa für einen Schwechater Bock Platz sein, von dem gerade mal 350 hl gebraut werden, für Brau Union-Verhältnisse eher ein Hobbysud?
Ja ich möchte den einzelnen Marken – und auch den Braumeistern – sogar mehr Freiheiten geben als bisher. Die sollen ihren eigenen Weg gehen und wenn sie damit erfolgreich sind, dann ist alles bestens.
Wie schwer ist diese Zersplitterung des kleinen österreichischen Marktes für die Heineken-Muttergesellschaft zu verstehen, die mit einer Marke die ganze Welt beliefern? Ist das nicht eine Art Culture-Clash?
Ich habe auch in Holland elf Marken geführt. Was wir hier in Österreich machen, ist nichts Neues für uns. Wir wollen überall marktgerecht aufgestellt sein. Synergien gibt es da, wo sie Sinn machen. Dass etwa jeder Markt, in dem wir aktiv sind, seine eigene IT hat, wäre wahrscheinlich wenig zielführend. Aber da, wo es um den Konsumenten geht, müssen wir auf die regionalen Umstände schauen und entsprechend anders agieren. Schon Belgien unterscheidet sich deutlich von Holland. In Belgien verkaufen wir etwa kaum Heineken und das akzeptieren wir auch. Wir müssen und nach den Wünschen der Konsumenten richten und nicht umgekehrt.
Gibt es daher auch keinen Druck, den Absatz von Heineken in Österreich, der sich ja auf eher niedrigem Niveau befindet, zu pushen?
Natürlich ist eine internationale Marke wie Heineken auch wichtig und es gibt auch in Österreich einen Markt dafür. Für mich ist es aber wichtig, dass wir das anbieten, was die Konsumenten wollen. Mein „Chef“ sitzt in dem Zusammenhang nicht in Amsterdam, sondern das sind die zehn Millionen Österreicher.
Vor einigen Jahren wurde etwa mal das Heineken Extra Cold stark promotet. Gibt’s das noch?
Eigentlich nicht mehr. Das war ein sehr schönes Produkt. Durch die tiefe Temperatur ändert sich der Geschmack des Bieres, er wird weicher, weniger bitter. Das Problem dabei war, dass wir für die Optik auch die ganze Zapfsäule vereist haben, was zwar toll ausgesehen hat, aber energietechnisch nicht sehr nachhaltig war. Also das Heineken Extra Cold ist zwar gut angekommen, aber manchmal muss man dann aus Gründen der Nachhaltigkeit trotzdem darauf verzichten. Es gibt jetzt in Österreich nur mehr ganz wenige Gastronomen, die sich das Extra Cold nicht wegnehmen lassen wollen, aber generell bieten wir das nicht mehr aktiv an.
Die Brau Union hat zu Jahresbeginn die Bierpreise um knapp zehn Prozent erhöht. Müssen sich Wirte und Konsumenten auf weitere Preiserhöhungen in den nächsten Monaten einstellen oder werden Sie die aktuellen Preise auf absehbare Zeit halten können?
Es kann sein, dass es Anfang 2024 wieder zu leichten Preisanpassungen kommt, aber wenn, dann ganz sicher nicht mehr in dem Ausmaß wie dieses Jahr. Bier darf nicht zu teuer werden. Wir versuchen natürlich immer, bei uns selbst so weit zu sparen wie es möglich ist, Preiserhöhungen sind immer nur das letzte Mittel. Aber klar ist auch, dass man am Ende des Tages Geld verdienen muss.