Auch in Friedenszeiten wollen Soldatenbäuche gut gefüllt sein. In der Vega-Payer-Weyprecht Kaserne befindet sich daher die Zentralküche, von der aus alle Wiener Kasernen und Heeresämter beliefert werden.
Eine kurze, unrepräsentative Umfrage im Bekanntenkreis des Autors ergab: Die durchwegs Jahrzehnte zurückliegende Bundesheerzeit brachte sowohl Licht als auch Schatten mit sich, wobei die Verpflegung in der Regeln zu den Lichtquellen des Grundwehrdienstes gezählt wurde. Der eine oder andere soll auch prompt mit ein paar Kilo mehr auf den Rippen abgerüstet haben, was zumindest nicht gegen die kulinarischen Möglichkeiten des Österreichischen Bundesheeres auch abseits der Gulaschkanone spricht.
Dafür, dass die Verpflegung der rund 2000 – 2500 Wiener Soldaten und Vertragsbediensteten bis heute nicht schlechter geworden ist, sorgt u.a. Mag. Georg Frisch in seiner Funktion als Ernährungswissenschafter und damit oberster Leiter der Zentralküche in der Vega-Payer-Weyprecht Kaserne, die zwölf Außenstellen – Kasernen und Heeresämter – in Wien täglich mit einem warmen Mittagessen versorgt. Zwar bekommen etwa die Soldaten in den Kasernen täglich auch ein durchaus umfangreiches Frühstücksbuffet (Wurst, Käse, Marmeladen, Aufstriche, Gebäck, Müsli, Tee, Kaffee, etc. Frisch: „Ich würde das etwa mit dem Angebot eines Mittelklassehotels vergleichen.“) und ein (häufig warmes) Abendessen, diese werden aber in der Regel vor Ort vorbereitet. Frisch: „Wir arbeiten hier im Cookand- Chill-Verfahren. Die Speisen werden jeweils an einem Tag gekocht, am nächsten Tag angeliefert und am übernächsten Tag gegessen. Wochenenden oder Feiertage werden dabei eingearbeitet. Bei einer Haltbarkeit der Speisen von zumindest sieben Tagen, kein Problem. Eine Aufschnittplatte mit Wurst und Käse fürs Frühstück oder ein Paar Würstel oder einen warmen Leberkäse fürs Abendessen hier umzupacken würde dagegen keinen Sinn machen.“ Ebenfalls vor Ort zubereitet werden auch die meisten Suppen. Frisch: „Sind wir ehrlich: Die Rindssuppe wird bei uns nicht mit Knochen angesetzt und eine Convenience- Suppe im großen Stil quer durch Wien zu führen, bringt auch nix.“
Essen wird den Truppen nachgeschickt
Dabei ist man in der Küche auch für Sonderaufgaben gerüstet. Ein Minimum an Vorlaufzeit vorausgesetzt („Wenn ein Kommandant seine Truppe am gleichen Tag mit einer Feldübung überrascht, kanns schon mal eng werden“, so Frisch.), wird das Essen auch zur Übung nachgeschickt. Und selbst die Versorgung von Truppen im Auslandseinsatz wird hier koordiniert und übernommen, falls im Zielland Zweifel an der Verfügbarkeit oder Qualität der Lebensmittel bestehen.
Für den reibungslosen Betrieb in der Küche ist der Leiter der Zentralküche, ein gelernter Koch und Heeresangehöriger, verantwortlich, außerdem ein Einkäufer und ein Mann, der für die Verteilung der zubereiteten Speisen und sonstigen Lebensmittel – von der Butter bis zum Kaffee – sorgt. Zwei weitere Mitarbeiter sind im Lager tätig und vier Schichtführer organisieren den Kochbetrieb, unterstützt von etlichen Grundwehrdienern, die für diverse Reinigungs- und Hilfsarbeiten eingesetzt werden. Zwiebelschneiden oder Kartoffelschälen etwa? Frisch: „Nein, solche Arbeiten sind dank das des großflächigen Einsatzes von Convenienceprodukten bei uns kaum mehr ein Thema.“ Für das Kochen selbst werden die Grundwehrdiener dabei kaum eingesetzt, außer es handelt sich um ausgebildete Köche, aber das käme leider nur sehr selten vor, wie Frisch bedauert.
[ap_divider color=“#CCCCCC“ style=“solid“ thickness=“1px“ width=“66%“ mar_top=“20px“ mar_bot=“20px“]Zeitige Tagwache
Wenig überraschend, dass die Arbeit in einer Großküche eher nicht für Langschläfer geeignet ist. Ab 5 Uhr in der Früh beginnt es mit der Warenanlieferung, im Anschluss geht es auch schon mit dem Kochen los. Die Speisen werden dann gekühlt, in Einheiten von mehreren Portionen kalt verpackt und bis zur Auslieferung am nächsten Tag gelagert. Der Vorteil: Dienstschluss ist dafür schon gegen Mittag, bis zum Zapfenstreich hat man also noch jede Menge (Frei-)Zeit zur Verfügung.
Die Zutaten kommen von unterschiedlichen Lieferanten und werden von der Bundesbeschaffung GmbH organisiert. Dazu werden alle rund 3000 benötigten Produkte in etwa 20 Warenkörben – von Milchprodukten über Obst und Gemüse bis zu Fleisch – ausgeschrieben. Mit den Bestbietern werden dann mehrjährige Verträge geschlossen, einerseits um Kontinuität zu sichern und andererseits, weil manche Lieferanten etwa spezielle Zertifizierungen benötigen und dieser Aufwand auch abgegolten sein will.
Die Kalkulation ist indes ein Cent- Geschäft: 2,40 Euro darf die Mittagsverpflegung pro Kopf im Schnitt kosten, sechs Euro sind für alle drei täglichen Mahlzeiten einkalkuliert. Für extravagante Zutaten bleibt hier also wenig Spielraum. Soldaten werden dabei kostenlos verpflegt, Vertragsbedienstete zahlen eines Essenszuschuss, der etwa mit drei Euro pro Mittagessen sogar geringfügig über den Selbstkosten liegt.
Drei Menüs zur Wahl
Zur Auswahl stehen üblicherweise drei Menüs: Einmal klassische Hausmannskost, ein kohlenhydratreiches Angebot etwa für Sportler oder andere Heeresangehörige, die sich viel bewegen und außerdem noch ein Alternativgericht. Das kann z.B. eine Pizza oder ein Milchrahmstrudel sein. Eines der drei Menüs muss dabei für Muslime oder Juden geeignet sein (also vor allem ohne Schweinefleisch und Alkohol), wobei man sich hier aber nicht an „halal“ oder „koscher“ orientiert. Wenn jemand indes so strenggläubig ist und mit den bereitgestellten Gerichten nichts anfangen kann, bekommt derjenige ein Ersatzgeld, mit dem er sich selbst verpflegen kann. Zusätzlich zum Hauptgang gibt es jeden Tag eine Suppe oder Vorspeise und passende Beilagen. Auch Obst, Gemüse und Salat stehen immer zur Verfügung. Dass die Ernährung also stets allen ernährungsphysiologischen Kriterien entspricht ist u.a. auch Frischs Job. Angerichtet wird jeweils in Buffetform, hungrig muss also niemand bleiben, wer will kann hier täglich All-youcan- eat-Völlern.
Das Essen ist dabei für alle Dienstgrade gleich. Generäle bekommen die gleiche Kost wie Grundwehrdiener, an den meisten Standorten sogar in den gleichen Räumlichkeiten. Die Zeit der elitären Offizierscasinos ist mehr oder weniger vorbei, auch wenn diese Umstellung vielleicht nicht bei allen hohen Dienstgraden auf Gegenliebe gestoßen ist.
[ap_divider color=“#CCCCCC“ style=“solid“ thickness=“1px“ width=“66%“ mar_top=“20px“ mar_bot=“20px“]Für das Klima kämpfen
Wer sich vegetarisch oder gar vegan ernähren möchte, hat es indes beim Militär noch schwer und muss sich mit dem behelfen, was zur Auswahl steht. Allerdings wird sich das vegetarische Angebot künftig wohl breiter aufstellen. Denn neuestes Projekt, an dem Frisch derzeit arbeitet ist ein „klimagerechtes Essen“: Demnächst soll es an einem Tag der Woche ein komplett fleischloses Essensangebot geben (Frisch: „Weil wenn das Alternativ-Menü ein Schnitzel ist, wird der Absatz vom fleischlosen Klimateller wahrscheinlich überschaubar sein…“) und auch die anderen Menükomponenten sollen im Hinblick auf ihren Klima-Fußabdruck optimiert werden. Mittelfristig soll dann so ein „Klimateller“ dann auch täglich im Angebot sein.
Natürlich ist Frisch bewusst, dass sich die Küche mit dieser Umstellung nicht nur Freunde machen wird, aber dieser Klimaaspekt bei der Verpflegung steht im Regierungsprogramm und gehört entsprechend umgesetzt. Befehl ist Befehl, um im örtlichen Jargon zu bleiben. Am wenigsten Widerstand erwartet sich Frisch interessanterweise bei den Grundwehrdienern: „Das sind junge Leute, die mit dem Thema Umwelt und Klima in der Schule aufgewachsen sind. Probleme befürchte ich eher bei den älteren Vertragsbediensteten, die auf einmal ihren gewohnten Schweinsbraten vermissen.“ Bis zum Gleichschritt beim ökologischen Essenfassen wird es also auch beim Bundesheer noch eine Weile dauern…