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Roland Trettl hat bei Eckart Witzigmann gekocht und mit ihm auch das Konzept des Hangar-7 umgesetzt. Mit GASTRO sprach er anlässlich der Präsentation seines neuen Buches „Kochen zu zweit. Unsere neuen Rezepte für noch mehr Genuss“, das er gemeinsam mit seiner Frau Dani geschrieben hat, über „schräge“ Zutaten und Speisefolgen, zu geringe Preise in den Restaurants und zu viel Macht der großen Restaurantführer.
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GASTRO: Sie haben 2013 mit Anfang 40 die Kochjacke an den Nagel gehängt. War mit Aubergine, Tantris und Hangar-7 alles in dieser Branche erreicht, unter dem Motto „besser geht’s nicht mehr“? Hat es Sie danach nie wieder gereizt, in der Gastronomie zu arbeiten?
Roland Trettl: „An den Nagel hängen“ klingt so endgültig, so würde ich das daher nicht formulieren. Wenn die richtige Idee und die richtige Zeit kommt, könnte es schon noch mal passieren, dass ich in einem Lokal stehe. Was man ja dazusagen muss: Als ich 2013 im Hangar- 7 aufgehört habe, hatte ich ja keine Ahnung, wie meine Zukunft aussieht. Ich habe nur gewusst, dass ich nach elf Jahren im Hangar-7 einen anderen Weg gehen wollte, aber wie dieser Weg aussieht, wusste ich zu dem Zeitpunkt nicht. Dass sich das bis jetzt so gut ergeben hat, ist natürlich fein.
Fühlen Sie sich vor dem Vorhang im Fernsehen, etwa als Gastgeber bei „First Dates“ wohler als hinter den Kulissen in der Küche? Sind Sie eine „Rampensau“, wie man bei uns sagt?
Wenn man vor der Kamera steht, muss man schon ein wenig extrovertiert sein, auch wenn ich privat eher introvertiert und zurückhaltend bin, was mir viele Leute nicht glauben. Aber es war ja schon vorher so, dass man als Küchenchef, speziell in einem Betrieb wie dem Hangar-7, nicht nur das stille Mäuschen hinterm Herd ist, sondern auch nach außen hin auftritt, auch mit dem Gast oder den Medien kommunizieren soll. Jetzt den Weg ins Fernsehen, habe ich jedenfalls nicht offensiv gesucht, sondern da wurde ich eher gefunden.
Sind Sie angesichts von Corona, Inflation, Energiekrise und Mitarbeitermangel froh, nicht mehr in einem Lokal zu arbeiten?
Ja schon, das hat bereits vor zweieinhalb Jahren mit dem ersten Lockdown begonnen, dass ich mir damals keine Sorgen machen musste, ob und wann und wie es weitergeht. Lauter Fragen, die sich meine Kollegen stellen mussten. Und die Situation ist derzeit ja nicht besser geworden. Viele Kollegen tun mir heute wirklich leid und ich bin sehr froh, mich darum nicht mehr kümmern zu müssen.
Wie beurteilen Sie die Situation in der Gastronomie? Werden die aktuellen Probleme die Branche verändern? Man hört von immer mehr Traditionslokalen, die aufgeben müssen, in Südtirol hat es sogar mit dem Padscheider Hof einen Ihrer Lieblingsbetriebe erwischt.
Gut, der Padscheider Hof hat nicht aufgeben müssen, weil es sich nicht mehr ausgegangen ist. Die wollten aus unterschiedlichen Gründen einfach nicht mehr. Aber ganz generell gesprochen: Ich denke schon lange, dass die Gastronomie bei uns für das, was sie leistet, viel zu wenig Geld verlangt. Wenn man den Gast schon vor 20 Jahren daran gewöhnt hätte, höhere Preise zu bezahlen, dann hätten wir heute in der Branche viele Probleme wahrscheinlich nicht. Dann gäbe es z.B. die Mitarbeiterproblematik nicht, weil wir die Mitarbeiter besser bezahlen könnten. In Zukunft wird der Gast also mehr bezahlen müssen für weniger Service und entweder er akzeptiert das, oder er bleibt zu Hause. Denn für guten Service brauche ich gute Mitarbeiter und von denen gibt es im Moment zu wenige.
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„In Zukunft wird der Gast mehr bezahlen müssen für weniger Service.“
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Und wie sieht das im Top-Segment aus? Oder gibt es immer ein Publikum, dem es egal ist, ob das Menü 200, 300 oder 400 Euro kostet?
Das wird alle Gastronomiesparten betreffen. Alle werden ihre Preise erhöhen müssen. Dass die Top-Liga sich dabei so viel leichter tut, glaube ich gar nicht. Einfach wird das für niemanden. Wichtig wird nur sein, dass alle an einem Strang ziehen.
Wo sehen Sie die Branche in Zukunft generell? Mehr Bio, Regionalität und weniger Fleisch oder wird das Pendel auch wieder zurückschwingen?
Der Trend geht schon in Richtung weniger Fleisch, aber das sind Themen, über die ich mir gar nicht so viele Gedanken mache. Denn was auf dem Teller ist, spielt nur dann eine Rolle, wenn es jemanden gibt, der mir das Essen kocht, den Teller anrichtet, serviert und wieder abwäscht. Das ist derzeit das viel gravierendere Problem als irgendwelche Ernährungstrends. Letztlich wird die ehrliche Küche, werden die guten kulinarischen Konzepte bestehen bleiben.
Wenn Sie sich an Ihre Zeit im Hangar- 7 erinnern: Was war die schrägste Idee, mit der ein Gastkoch je gekommen ist? Es gibt da das Gerücht mit dem chinesischen Koch, der Affenhirn servieren wollte ...
Naja, jedes Land hat so seine kulinarische Kultur, obs in Peru die Meerschweinchen sind oder in China die Schlangen. Ja das mit dem Affenhirn war damals so ein kurzes Thema, aber das war wohl auch nicht ganz ernst gemeint. Spannend war dafür ein Gastkoch aus Toronto, der die Menüfolge einfach umgedreht und mit dem Hauptgang begonnen hat und erst danach kamen die Vorspeisen. Fand ich damals wirklich schräg, macht aber durchaus Sinn, denn am Anfang haben die Gäste noch Hunger und kommen nicht erst zum Hauptgericht, wenn sie eh schon mit diversen Vorspeisen gesättigt sind. Ich mache das auch immer wieder mal. Erst vor ein paar Monaten habe ich bei einem Event in Südtirol für 200 Leute ebenfalls Vor- und Hauptgericht getauscht und das funktioniert super. Wenn dann der große erste Hunger gestillt ist, kann man anfangen, die leichteren Vorspeisen zu genießen. Für mich spricht dann auch nichts dagegen, mal mit dem schweren Rotwein zu beginnen und mit dem leichten Weißen zu enden. Ich mag auch die japanische Küche, die kein Brot serviert. Wenn ich noch irgendwo koche, gibt es kein Brot mehr, außer es passt zu einem Gericht. Aber vor einem Achtgang-Menü vorab noch Brot zu servieren, damit die Leute sich damit vollstopfen, ist das Blödsinnigste überhaupt! Also grob gesprochen hat jede Kultur ihre „schrägen“ Traditionen und auch wir haben aus der Sicht eines Asiaten oder Südamerikaners sicher ein paar Eigenheiten. Da ist niemand besser oder schlechter, sondern einfach nur anders. Die meisten „schrägen“ Ideen, mit denen ich zu tun hatte, hatten absolut ihre Berechtigung, waren nur für uns ungewohnt.
Ihre Kritiken am und die ziemlich offen ausgetragenen Meinungsverschiedenheiten mit dem Gault-Millau waren damals Legende, aber Sie haben einst auch nicht mit Kritik am Michelin gespart, weil viele Bewertungen für Sie nicht nachvollziehbar sind und solche Restaurant- Guides für Sie zu viel Macht haben. Ist diese Kritik noch aufrecht? Und sind es nicht die großen Lokalführer, die den Hype an der Branche mit ihren oft kontrovers diskutierten Kritiken oft erst am Laufen halten?
Das stimmt natürlich und die meisten meiner Kollegen tun auch alles, damit sie in den Restaurantführern gut wegkommen. Aber das nimmt auch Auswüchse an, wenn etwa der Gault-Millau zu seiner Genussmesse ruft und die Haubenköche da alle gratis mitmachen, weil sie Angst haben, sonst im nächsten Jahr einen Punkt weniger zu bekommen. Sowas ist nicht ok! Dann gibt’s noch den Michelin, die 50best-Liste und sonst auch noch irgendwelche Rankings. Aber der Gastronom sollte vor all denen nicht ständig auf die Knie gehen und sich bücken. Er sollte sich im Kollektiv bewusst sein, dass das eine Partnerschaft ist und dass nicht die Tester über den Gastronomen stehen. Mir fehlt ein Agieren auf Augenhöhe. Was viele vergessen: Gastronomen könnten auch ohne Tester und Rankings existieren, die Tester aber gibt es nur durch die Gastronomen! Wir haben die Tester nicht gebraucht. Die sind auf unseren Zug aufgesprungen und sind dabei oft zu arrogant und dominant und das nur, weil der Gastronom ihnen diese Position auch zugesteht.
Fällt Ihnen zum Abschluss ein Lokal ein, in dem Sie Ihre Henkersmahlzeit einnehmen wollten? In einem Ihrer Bücher haben Sie mal das „Yardbird“ in Hongkong als Ihr Sehnsuchtslokal bezeichnet, wo ausschließlich Gerichte vom Huhn serviert werden und wo einfach alles passt.
(überlegt lange) Gute Frage, mir steht die ganze Welt offen. Es gibt einfach so unfassbar viele tolle Lokale. Ich reise etwa in ein paar Tagen extra nach Berlin, um dort bei The Duc Ngo im „le duc“ zu essen. Da bewirtet er 14 Leute und ich bin schon sehr gespannt und wahnsinnig genug, extra die Reise dafür auf mich zu nehmen, weil ich denke, dass das etwas Besonderes wird. Ein kleiner Kreis von 14 Menschen, die viel Geld für tolles Essen ausgeben werden. Also so ähnlich würde ich mir meine Henkersmahlzeit vorstellen: größter Genuss in kleinem Rahmen.
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Steckbrief
Der Südtiroler Roland Trettl (* 1971 in Bozen) startete seine Karriere in Bozen im Parkhotel Holzner und wurde bald zu einem engen Mitarbeiter von Eckart Witzigmann in dessen Münchner Restaurants Aubergine und Tantris. Von 1997 bis 2001 war er Küchenchef in Witzigmanns Restaurant Ca’s Puers auf Mallorca. Ebenfalls mit Witzigmann als Patron setzte Trettl schließlich im Hangar-7 das revolutionäre Gastköche-Konzept um. Seither ist Roland Trettl u.a. Gastgeber der TV-Dating- Doku „First Dates – Ein Tisch für zwei“.
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Dani & Roland Trettl kochen wieder gemeinsam
In „Kochen zu zweit. Unsere neuen Rezepte für noch mehr Genuss“ präsentiert Starkoch Roland Trettl gemeinsam mit seiner Frau bereits zum zweiten Mal seine Lieblingsrezepte aus der alpenländischen und mediterranen Küche. Die 80 Rezepte sind einfach zum Nachkochen, aber stets mit einem besonderen Twist versehen. Zu jedem Rezept findet man eine Übersicht über die notwendigen Zutaten und eine detaillierte Schritt-für- Schritt-Anleitung sowie ein QRCode mit dem entsprechenden Kochvideo.
- Daniela & Roland Trettl: Kochen zu zweit. Band 2
- Südwest-Verlag, 25,70 €,
- ISBN: 978-3- 517-10186-6