Die aktuelle WIFO-Tourismusanalyse zeigt, dass die Nachfrage im Vergleich zur Sommersaison des Vorjahres deutlich angezogen ist. Mit rund 78 Mio. Übernachtungen wurde fast das Vorkrisenniveau des Sommers 2019 erreicht (–1,4%). Die Aussichten für den Winter 2022/23 werden durch die hohe Inflation beeinträchtigt, vorsichtiger Optimismus erscheint jedoch angebracht – eine gute Buchungslage zu Winterbeginn könnte den Nächtigungsrückstand zur Saison 2018/19 auf schätzungsweise 5 Prozent reduzieren.
Das Wiedererstarken des Sommertourismus in Österreich ist vor allem auf die inländische Nachfrage zurückzuführen: Mit 24,3 Mio. Nächtigungen wurde in diesem Segment ein neuer Höchstwert erreicht (+4,4% im Vergleich zur Saison 2019). Auch internationale Reisende kamen in den Sommermonaten 2022 wieder vermehrt nach Österreich (+26,5% gegenüber dem Vorjahr), wenngleich die Nachfrage noch etwas verhaltener war als vor der COVID-19-Krise (‑3,8% zu 2019). Einnahmen aus dem Nächtigungs- und Tagestourismus in Österreich wurden im Sommer 2022 ersten Schätzungen des WIFO zufolge in Höhe von nominell knapp 14,7 Mrd. € erwirtschaftet – um 0,8 Prozent mehr als in der Saison 2019. In Anbetracht der starken Teuerung des touristischen Warenkorbes bedeutet dies preisbereinigt einen um 14,7 Prozent geringeren Umsatz als im Sommer 2019.
Kriegsbedingte Verwerfungen auf den Energiemärkten und der Inflationsauftrieb beeinflussen auch zunehmend die Tourismuswirtschaft, wobei sich die Preissteigerungen bei „lebensnotwendigen“ Produkten und Dienstleistungen (z. B. Lebensmitteln oder Haushaltsenergie) besonders negativ auf die Urlaubsentscheidungen der Touristen auswirken und sich auch das touristische Angebot massiv verteuert. Rezente Umfragen unter heimischen Hotelbetrieben und privaten Haushalten in Österreich und Deutschland ergaben zuletzt ein gemischtes Bild: Die Umsatzerwartungen vieler Betriebe für diesen Winter liegen demnach kaum über den Erlösen vom Vorjahr. Auch gaben lediglich 70 Prozent der inländischen bzw. rund zwei Drittel der deutschen Befragten an, definitiv auch diesen Winter verreisen zu wollen. Hauptgrund für die Zurückhaltung ist nicht die Pandemie, sondern die Teuerung, zudem wollen viele Gäste im Urlaub sparen, vor allem bei Ausgaben für Einkäufe und Konsumation in der Gastronomie, aber auch bei Unterkünften. Destinationen, die sich auf einkommensstarke Gästeschichten spezialisiert haben, könnten somit besser durch die Krise kommen. Diese Entwicklung wird Umsätze und Wertschöpfung in der aktuellen Wintersaison voraussichtlich stärker beeinträchtigen als die Zahl der Ankünfte und Nächtigungen.