Eine spannende Podiumsdiskussion mit dem Titel „Female Chefs“ fand am jüngst im Miele Experience Center in Wien statt. Die Veranstaltung, unter der Schirmherrschaft von Miele Österreich Geschäftsführerin Mag. Sandra Kolleth als Gastgeberin, widmete sich der Frage: „Warum sind in der Kulinarik-Branche bis auf wenige Ausnahmen nur Männer bekannt?“
Die Diskussion mit der Initiatorin und Gründerin der Plattform Female Chefs, Karin Stöttinger, spiegelte die Vielschichtigkeit der Herausforderungen wider, denen Frauen in der Branche gegenüberstehen. Dabei wurden zentrale Fragen thematisiert, darunter die historische Sichtbarkeit von weiblichen Spitzenkräften, die Rolle von Social Media, das Image der Gastronomie-Branche, die Wichtigkeit von Netzwerken und die Herausforderungen in der Ausbildung.
Muss man eine Rampensau sein, um gesehen zu werden?
Die Veranstaltung eröffnete mit einem Blick auf die Geschichte der Sichtbarkeit von weiblichen Spitzenkräften in der Branche. Historische Größen wie Lisl Wagner-Bacher und Johanna Maier waren zwar präsent, aber im Vergleich zu männlichen Kollegen oft unaufdringlich. Heutzutage stehen Männer wie Stefan Hensler oder Tim Melzer im medialen Fokus. Die Frage, die sich aufdrängt: Muss man wirklich wie Tim Mälzer eine Rampensau sein, um gesehen zu werden? Und braucht das Publikum wirklich derbe Sprüche zur Unterhaltung?
Die Tirolerin Viktoria Fahringer, Österreichs jüngste Haubenköchin, die auf Social Media sehr aktiv ist und im Fernsehen auch bei den cooking comedian zu sehen ist, ist überzeugt, dass man sich schon bewusst ins Rampenlicht stellen muss, um gesehen und gehört zu werden. Ins Fernsehen sei sie zufällig hineingerutscht. Durch ihre beruflichen Erfolge seien die Medien auf sie aufmerksam geworden und so ging es dann Schlag auf Schlag. „Um gesehen zu werden, muss man selbst auch sehr outgoing sein“, ist Viktoria überzeugt. Daher sei es schon wichtig, sich bewusst auch ins Rampenlicht zu stellen und den Moment auch zu genießen.
Für die Unterwirtinnen Katrin & Sabrina Steindl (Ebbs/Tirol) ist Öffentlichkeit wichtig: „Wir glauben, dass die öffentliche Sichtbarkeit egal ist, ob diese im TV oder auf Social Media passiert, Hauptsache sie findet statt. Wir haben persönlich den Eindruck, dass es für die Außenwirkung sehr wichtig ist, wie man sich selbst positioniert und sich selbst auch ernst nimmt. Und so kann man auch in einer männerdominierten Branche Raum, Sichtbarkeit, eine Stimme und Mitspracherecht gewinnen“, sind die Unterwirtinnen überzeugt.
Wer ist sichtbar?
Spitzenkoch Andreas Döllerer hat sich immer schon eingesetzt, dass verstärkt Paare abgebildet werden, weil es eben sehr oft bei die Struktur von Betrieben ist, dass ein Paar gemeinsam den Betrieb führt und meistens nur der Koch fotografiert wird. Dabei hat Döllerer aber auch beobachtet, dass es seitens der Damen sehr oft eine Scheu gegeben hat, sich fotografieren zu lassen.
Worauf Larissa Andres, Inhaberin des Restaurants JOLA (Wien), meinte „Also bei uns ist es genau umgekehrt. Der Jonathan will nicht vor der Kamera stehen. Ihm ist das super unangenehm. Wir sind auch beide immer draußen. Aber es bereitet ihm persönlich Unbehagen, wenn ihm Leute Komplimente machen“. Sie fand es im Rahmen ihrer Eröffnung, etwas befremdlich, dass sämtliche Presseanfragen oder Interviews sie gegeben hat, ihr Name aber dann in den Printausgaben aber rausgenommen wurde.
Die Unterwirtinnen berichteten, dass in einem bekannten Restaurant Guide aus dem Jahr 2023 immer noch ihr Vater als Patron genannt wird und hervorgehoben wird, obwohl dieser seit über 10 Jahren nicht mehr im Betrieb ist, weil er in Pension ist. Sie als Schwestern, die den Betrieb seitdem führen, sind in keinem Wort erwähnt. Rückmeldung auf ihre Bitte um Richtigstellung in diesem Guide haben sie bis heute keine erhalten.
Herausforderungen und Perspektiven
Ein Thema war auch die Frage, warum so viele weibliche Lehrlinge die Branche verlassen und warum es trotz vieler Talente immer noch wenige weibliche Küchenchefs gibt. Die Notwendigkeit eines positiveren Images der Gastronomie-Branche wurde betont, um mehr Frauen anzuziehen. „Dieses Phänomen ist sicherlich nicht so einfach zu erklären, da gibt es eine Anzahl verschiedener Gründe und Aspekte. Mädchen müssen sich oft noch mehr anstrengen und besser sein als Burschen, um wahr und ernst genommen zu werden. Und dann herrschen in vielen Küchen immer noch raue und derbe Umgangsformen, die zum Teil schon sexuelle Belästigungen sind. Und da muss man schon einen sehr starken Charakter und Durchhaltevermögen haben, um in dieser Branche zu überleben“, sind die Unterwirtinnen überzeugt.
Ein optimistischer Ausblick auf die Zukunft zeigte sich in der Diskussion über Netzwerke und Solidarität. Hier habe es in den vergangenen Jahren grundsätzliche Veränderungen gegeben. So stehe bei der jungen Generation nicht mehr das Konkurrenzdenken im Vordergrund, sondern das Netzwerken und gegenseitige Lernen vom anderen. Marlene Kelnreiter, als Quereinsteigerin im Käsehandwerk, betonte die Solidarität, die sie von anderen Käserinnen erfahren hat. Viktoria Fahringer sprach über die Veränderungen in der Denkweise der jungen Generation, die nicht mehr Konkurrenz, sondern Netzwerken und Lernen voneinander in den Vordergrund stellt.